Tod durch Lebensmittelvergiftung? Hotel in Istanbul wird evakuirt

Nach dem Tod von drei aus Deutschland angereisten Urlaubern in der Türkei ist das Hotel in Istanbul, in dem die Familie untergebracht war, evakuiert worden. Alle Gäste seien am Samstag in andere Hotels gebracht worden, berichtete die Zeitung „Birgün“. Wie viele Menschen betroffen waren, wurde zunächst nicht bekannt. Zuvor hätten zwei weitere Gäste des Hotels unter den gleichen Symptomen wie die erkrankte Familie gelitten; sie seien wegen Übelkeit und Erbrechen ins Krankenhaus gebracht worden, sie befinden sich demnach aber nicht in Lebensgefahr. Der Tageszeitung „Cumhuriyet“ zufolge handelt es sich um Touristen aus Italien und Marokko.

Einer der Besitzer des Hotels sagte dem Sender CNN Türk auf eine mögliche Lebensmittelvergiftung angesprochen, das Hotel habe kein Restaurant, es gebe lediglich Wasser. Ermittler nahmen Anadolu zufolge vor Ort Trinkwasserproben und werteten die Überwachungskameras aus.

Laut der „Hürriyet“-Website fanden Ermittler heraus, dass ein Raum in dem Hotel kürzlich mit Pestiziden behandelt worden war. Ein Hotelangestellter und zwei Schädlingsbekämpfer seien festgenommen worden. Damit habe es im Zusammenhang mit den Todesfällen nun insgesamt sieben Festnahmen gegeben.

Am Freitag waren bereits vier Verdächtige festgenommen worden. Laut dem Staatssender TRT geht es um Verkäufer von Süßigkeiten, gefüllten Muscheln und einem Gericht aus Kalbsdärmen (Kokorec). Ihnen werde fahrlässige Tötung vorgeworfen, berichtete Anadolu. Demnach sind alle Verdächtigen wegen anderer Delikte vorbestraft.

Der Vater der Hamburger Familie wird weiter auf der Intensivstation behandelt. Die Mutter und ihre zwei Kinder sind am Samstag in einem Ort in der westtürkischen Provinz Afyonkarahisar beerdigt worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Im Verdacht steht weiterhin eine Lebensmittelvergiftung. Noch werde aber auf Laborergebnisse gewartet, so Anadolu. Ein erster Autopsiebericht habe kaum nennenswerte Hinweise geliefert.

Familie aß typisches Streetfood

Vater, Mutter, der sechs Jahre alte Sohn und die drei Jahre alte Tochter waren am Sonntag nach Istanbul gereist. Die Familie soll am Dienstag um die Mittagszeit in den Stadtteil Ortaköy gefahren sein. Das habe der Vater der Familie ausgesagt, bevor sich sein Zustand verschlechtert habe, berichtet die Zeitung „Sabah“. Dort hätten sie bei einem fliegenden Händler gefüllte Muscheln und in einem anderen Laden dann Suppe und Kokorec gegessen. Auf dem Rückweg ins Hotel im Stadtteil Fatih hätten sie noch Lokum – eine türkische Süßigkeit – und Wasser eingekauft. Anadolu berichtete, die Familie habe auch Hühnchen gegessen.

Am Mittwoch sei die Familie zunächst wegen Übelkeit und Erbrechens in ein Krankenhaus mit Verdacht auf Lebensmittelvergiftung eingeliefert worden, berichtete die Nachrichtenagentur. Die Eltern seien mit Durchfall und Gastroenteritis diagnostiziert und behandelt worden, die Kinder in einer anderen Klinik wegen Übelkeit und Erbrechens, später aber wieder entlassen worden. Als sich besonders der Zustand der Kinder verschlechterte, sei die gesamte Familie in der Nacht erneut in ein Krankenhaus gebracht worden. Kurz darauf verstarben beide Kinder, gefolgt von der Mutter.

Der Gesundheitsdirektor der Provinz Istanbul erklärte auf X, bisher sei kein ungewöhnlicher Anstieg der Lebensmittelvergiftungsfälle festgestellt worden.

Familie will weitere potenzielle Opfer geschützt wissen

Justizminister Tunc sagte, es seien Proben an den Orten entnommen worden, an denen die Familie gegessen habe. In der Türkei werden Restaurants und Straßenverkäufer zwar kontrolliert, die Kontrolldichte ist jedoch insbesondere in touristisch stark frequentierten Gebieten Experten zufolge oft unzureichend.

Die Behörden ließen einen Laden in dem betroffenen Stadtteil schließen. „Der Betrieb, von dem angenommen wird, dass er den Vorfall verursacht hat, wurde von den zuständigen Einheiten unserer Gemeinde zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit auf unbestimmte Zeit versiegelt“, zitierte die Zeitung „Cumhuriyet“ die Stadtteilverwaltung.

Die Familie weine seit zwei Tagen

An der Trauerfeier für die Mutter und ihre beiden Kinder nahmen Anadolu zufolge Verwandte der Familie und Lokalpolitiker teil. Die Familie hat türkische Wurzeln. 

Ein Onkel des Vaters sagte Anadolu, er sei zutiefst betroffen und forderte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. „Wer auch immer das getan hat, muss bestraft werden“, sagte er. 

Der Vater der Mutter forderte eine umfassende Aufklärung der Todesursache, zitierte ihn Anadolu. Er wisse nicht, wer sonst noch von den Speisen gegessen habe. Die Familie weine seit zwei Tagen. „Wenigstens sollen andere nicht auch leiden.“ Türkische Medien veröffentlichten ein Video, das die Familie im Warteraum eines Krankenhauses zeigen soll.