TKMS in Frankfurt: Ein IPO für den Bundeskanzler


Der Bundeskanzler kann aufatmen: Es gibt sie noch, die Börsengänge in Frankfurt. Recht erfolgreiche sogar, wie am Montag TKMS gezeigt hat, die Marinesparte von Thyssenkrupp. 60 Prozent Kursplus in der ersten Handelsstunde – das schafft auch an der Wall Street kaum ein Tech-KI-Unternehmen. Nach Ottobock und der Continental-Abspaltung Aumovio war es schon die dritte größere Transaktion binnen kurzer Zeit in Frankfurt. Börsenvorstand Thomas Book sprach von einem „Signal an die Märkte“ und betonte, dass Frankfurt ebenjener Börsenplatz in Europa sei, an dem in den vergangenen Jahren das größte IPO-Volumen gestemmt wurde.

Frankfurt mag der größte sein, allerdings der größte unter kleinen. Das politische Ansinnen von Friedrich Merz (CDU) ist daher berechtigt, mehr Börsengänge in Europa stattfinden zu lassen und als Gegengewicht zu Asien und New York einen attraktiven Liquiditätspool für kapitalhungrige Unternehmen zu bieten. Das lässt sich aber nicht per Knopfdruck erledigen. Es ist ein sehr dickes Brett, das es zu durchbohren gilt. Dies entschieden anzugehen, ist aber aller Mühen wert.

Den Liquiditätspools in Europa fehlt es an Masse, weil insbesondere in Ländern wie Deutschland die Altersvorsorge nicht wie in den USA zu einem Gutteil am Kapitalmarkt angespart wird. Ein klarer Nachteil für Europa. Einfacher lassen sich technische Fragen lösen. Die Deutsche Börse betreibt mit Eurex und Clearstream global führende und maximal stresserprobte Systeme zur sicheren Abwicklung von Wertpapiertransaktionen und zur Verwahrung. Die Infrastruktur für eine European Stock Exchange, wie sie Kanzler Merz vorschwebt, wäre fraglos vorhanden. Eine Vereinfachung und Vereinheitlichung von Steuerregeln und grenzüberschreitenden Transaktionen wäre hilfreich, wünschenswert und eine politische Hausaufgabe.

Wenn richtigerweise argumentiert wird, wie wichtig so ein Börsenstandort für Europa sei, weil dem Kapital eben oft auch Unternehmen und damit Arbeitsplätze, Gewinne und Steuereinnahmen folgen, dann ist es kein Wunder, dass jeder so einen Standort gerne in seinem Land hätte. Bisher hat das Nebeneinander der vielen Börsen in Europa auch Nutzen gestiftet: Leistungen wurden besser, Konditionen günstiger. Die EU-Kommission hat wettbewerbsbeschränkenden Fusionen daher bisher Riegel vorgeschoben. Denkbar wären Fusionen und Kooperationen unter Auflagen – auch von Teilbereichen wie dem Aktienhandel. Einfach wird so etwas nicht. Nur am politischen Reißbrett sollte es auch nicht entstehen. Und es entledigt die Politik in Europa nicht von der Aufgabe, größere unternehmerische Freiheiten zu gewähren, damit neue Unternehmen überhaupt erst hier entstehen und für ihre Geschäftsmodelle an der European Stock Exchange nach Kapital suchen.