TikTok in den USA: Wird TikTok zu TrumpTok?

Larry Ellison, zweitreichster Mann der Welt, will als einer der Hauptinvestoren die US-Version von TikTok übernehmen. Trump erteilte bereits seinen Segen, wie üblich im Namen des Donald, des Donald und des heiligen Donald: „Ich hätte gern, dass Larry es kauft.“ Zur Investorengruppe zählen wohl auch Lachlan Murdoch – konservativstes Kind des Medienmoguls Rupert Murdoch und daher Erbe in spe seines Imperiums – sowie einige andere Geldgeber, die bislang teils unbekannt sind. TikTok in den USA wird bald von Trump-Buddys kontrolliert – als ein weiteres Medium von vielen.

Noch wurde kein Deal unterschrieben. Alles kann sich ändern, schließlich geht es um Donald Trump, der zwischen Aufstehen und Frühstück drei Versprechen abgibt und fünf davon bricht. Glaubt man aber Vizepräsident JD Vance, werden die Investoren bald den berüchtigten TikTok-Algorithmus für die USA kontrollieren.

Auf den ersten Blick sind TikTok und Larry Ellison ein kurioses Paar. TikTok ist bunt, manisch und kreativ, verpasst Boomergehirnen schnell ein Schleudertrauma. Ellison, 81, hingegen ist so unscheinbar, doch allgegenwärtig wie die Produkte seiner Firma Oracle: Unternehmenssoftware, Rechenzentren für den KI-Boom, Datenbanken. Es ist, als würde die Rapperin Ikkimel einen der grauen Herren aus Momo daten.

Tech-Unternehmer mit Gottkomplex

Larry Ellison hat sich gemessen an einem Elon Musk oder Mark Zuckerberg stets bedeckt gehalten. Er ist langjähriger Trump-Unterstützer, nicht wie andere Tech-CEOs erst seit kurz vor oder kurz nach der letzten Präsidentschaftswahl. Schon 2020 organisierte er für die Trump-Kampagne einen Spendenabend, tauchte jedoch nicht persönlich auf. Eine Biografie aus dem Jahr 2003 mit dem charmanten Titel Everyone Else Must Fail beschreibt ihn als „modernen Dschingis Khan“, aufgrund seiner ruchlosen Businessstrategien, feindlichen Übernahmen und brutaler Unternehmenskultur. Eine weitere Biografie aus dem Jahr 1997 trägt den Titel Der Unterschied zwischen Gott und Larry Ellison* und beantwortet die Frage weiter unten: *Gott denkt nicht, er sei Larry Ellison.

Sein Sohn David Ellison ist Gründer und CEO der Produktionsfirma Skydance, die frisch mit Paramount fusioniert ist, dem Mutterkonzern des Senders CBS, wo David Ellison Berichten zufolge die konservative und lautstark antiwoke Journalistin Bari Weiss an der Spitze installieren möchte. Als Nächstes wollen die Ellisons nun den Hollywood-Konzern Warner Bros. übernehmen, zu dem HBO, CNN, DC Comics und das Harry-Potter-Franchise gehört. Um das greifbar zu machen: Ginge es um Immobilien, hätten sie soeben halb New York gekauft.

Der TikTok-Deal ordnet sich also sauber in die laufenden Ereignisse ein: Elon Musk, der (mit einer Milliarde Dollar Zuschuss von Ellison) Twitter kaufte, in X umbenannte, Journalisten rausschmiss, Holocaustleugner zurück auf die Plattform holte und den Algorithmus auf rechts drehte. Tech-CEOs, die in vorauseilendem Gehorsam ihre Plattformen und Zeitungen auf Linie brachten – sie stellten Contentmoderation ein und Meinungsseiten um, spendeten Geld an Trump. Und Trump selbst, der gegen jeden klagt, der ihm nicht huldigt, dessen Telekommunikationsbehörde kritischen Medien mit dem Entzug ihrer Sendelizenzen droht, der Late-Night-Hosts abräumen lässt, nun Ellison die Schlüssel zu TikTok überreicht und zeitgleich scherzt: „Wenn ich könnte, ich würde die App 100% MAGA machen“, bevor er versichert, dass das aber nicht passieren würde. Und noch ein „leider“ hinzufügt.