TIA: Vorboten für einen Schlaganfall erkennen | NDR.de – Ratgeber

Stand: 19.05.2025 15:15 Uhr
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TIA ist die Abkürzung für transitorische ischämische Attacke und wird als kleiner Schlaganfall bezeichnet. Was sind die Symptome? Wie gefährlich ist eine TIA? Und wie hoch ist die Lebenserwartung?

von Ursula Stamm

Eine transitorisch ischämische Attacke (TIA) wird auch Mini-Stroke oder Mini-Schlaganfall genannt. Anders als bei einem großen Schlaganfall sind die Gefäße im Gehirn nur vorübergehend verstopft und schränken die Sauerstoffversorgung nur für ein kurze Zeit ein. Die Symptome der TIA ähneln denen eines Schlaganfalls, verschwinden aber innerhalb kurzer Zeit wieder. Dennoch sollte eine TIA immer ärztlich abgeklärt werden. Auch wenn die Betroffenen keine Einschränkungen verspüren, kann das Risiko für einen „großen“ Schlaganfall erhöht sein und eine rechtzeitig eingeleitete Therapie kann dies verhindern.

TIA-Symptome: Vorboten eines Schlaganfalls

Mögliche Symptome bei einer TIA sind:

  • Schwäche in den Gliedmaßen bis hin zu Lähmungen, meist einseitig
  • Verwaschene Sprache und Schwierigkeiten, sich sprachlich auszudrücken
  • Gefühlsstörungen, Taubheit einer Körperhälfte
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Starke Kopfschmerzen
  • Sehstörungen durch Gefäßverschlüsse im Auge
  • Vorübergehende Schluckbeschwerden

Es gibt auch unscheinbare Symptome einer TIA, wie zum Beispiel eingeschlafene Hände oder Füße, ohne dass man lange darauf gelegen hat.

All diese Symptome können wenige Minuten bis mehrere Stunden andauern. In Abgrenzung von einem klassischen Schlaganfall wird eine zeitliche Grenze von 24 Stunden angegeben. Dauern die Symptome länger an, handelt es sich um einen Schlaganfall. Das bedeutet aber nicht, dass Betroffene so lange warten sollten. Treten die genannten Symptome auf, sollten diese notärztlich abgeklärt werden, da Laien nicht in der Lage sind, eine TIA von einem „großen“ Schlaganfall zu unterscheiden. Hinzu kommt, dass das Risiko, nach einer transitorisch ischämischen Attacke einen Schlaganfall zu erleiden, deutlich erhöht ist.

Folgen einer TIA: Wie gefährlich ist sie?

Früher grenzten die Mediziner und Medizinerinnen transitorisch ischämische Attacken vom Schlaganfall ab. Mittlerweile weiß man, dass es sich bei den TIAs um echte Infarkte handelt, wenn auch nur um sehr kleine. Gleichzeitig kann eine TIA einen Schlaganfall mit dauerhaftem Gefäßverschluss ankündigen.

Wie groß das Risiko dafür ist, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. In einer Registerstudie wurde vor allem die Atherosklerose als Risikofaktor identifiziert. Bei der Atherosklerose handelt es sich um eine spezielle Form der Arteriosklerose, einer Gefäßverkalkung, die vor allem die Herzkranzgefäße, die Halsschlagader und die großen Beinarterien betrifft. Die Studie ergab, dass Menschen mit einem hohen Grad an Atherosklerose ein bis zu 20 Prozent erhöhtes Risiko haben, nach einer TIA einen großen Schlaganfall zu erleiden.

Schlaganfall-Risiko nach TIA relativ hoch

Generell ist das Risiko für einen Schlaganfall in den ersten 24 bis 48 Stunden nach einer TIA am höchsten. 270.000 Menschen erleiden jedes Jahr in Deutschland einen Schlaganfall; bei rund einem Drittel aller Fälle ist eine TIA vorausgegangen.

Studie weist auf erhöhtes Demenz-Risiko hin

Eine aktuelle Studie zeigt noch ein anderes Risiko an. Und zwar die Entwicklung einer Demenz nach einer TIA. Für den Schlaganfall ist diese Folgeerkrankung bereits bekannt; etwa 20 Prozent aller Betroffenen entwickeln im ersten Jahr nach der Erkrankung eine Demenz. Nach einer TIA wurde ein Rückgang der kognitiven Leistungsfähigkeit bislang nicht angenommen. Aber genau das zeigte sich in der Studie. Und zwar vor allem im Langzeitverlauf.

War der Rückgang der kognitiven Fähigkeiten bei Patienten mit einem Schlaganfall zunächst stärker als bei denen mit einer TIA, so näherten sich die Werte über einen Zeitraum von durchschnittlich 14 Jahren an. Diskutiert wird, dass bei einer TIA trotz des schnellen Rückgangs der Symptome ein Krankheitsprozess in Gang gesetzt wird, der zu langfristigen Veränderungen der Kognition und möglicherweise der Entwicklung einer Demenz führt. Das ist vor allem für Menschen von Bedeutung, die schon in jungen Jahren eine TIA erleiden. Sie sollten nach Meinung von Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, besonders sorgfältig nachbeobachtet und nachbetreut werden.

Ursache: Was löst eine Transitorische Ischämische Attacke aus?

Eine transitorische ischämische Attacke wird zumeist durch ein Blutgerinnsel ausgelöst, das ein Gefäß im Gehirn verstopft. Solche Blutgerinnsel können zum Beispiel entstehen, wenn man längere Zeit im Bett gelegen hat.

Weitere Risikofaktoren für die Bildung von Blutgerinnseln sind Herzrhythmusstörungen und hier vor allem das Vorhofflimmern. Dabei bilden sich kleine Blutgerinnsel (Thromben) im linken Vorhof des Herzens, die dann mit dem Blutstrom in die Arterien geschwemmt werden, die das Gehirn versorgen. Dort können sie Gehirnarterien verschließen.

Bei einer verengten beziehungsweise verkalkten Halsschlagader (Karotis) können sich kleine Kalkstückchen lösen, die in die Blutbahn gelangen und ebenfalls im Gehirn zum Verschluss von Arterien führen.

Ebenso Risikofaktoren für die Entwicklung von Blutgerinnseln sind:

Risiko für einen Schlaganfall mit dem ABCD2-Score ermitteln

Das Risiko für das Erleiden eines Schlaganfalls nach einer TIA ist maßgeblich von bestimmten Risikofaktoren abhängig. Um dieses Risiko zu bestimmen, wurde der so genannte ABCD2-Score entwickelt. In ihn fließen fünf Risikofaktoren ein, die unterschiedlich gewichtet werden. Dazu gehören Alter (A), Blutdruck (B), Symptome (C für Clinical features) und Dauer der Symptome (D1) sowie Diabetes mellitus (D2).

Darüber hinaus bietet die Deutsche Schlaganfall-Hilfe Online-Tests an, mit denen das generelle Risiko für einen Schlaganfall bestimmt werden kann.

Diagnose: Wie wird eine TIA festgestellt?

Da sich die ersten Symptome einer TIA nicht von denen eines Schlaganfalls unterscheiden, ist eine transitorische ischämische Attacke ein ärztlicher Notfall, bei dem umgehend die 112 gerufen werden sollte. Keinesfalls sollten Betroffene darauf warten, dass die Symptome von allein wieder verschwinden.

Die Notärztin oder der Notarzt führt erste Untersuchungen durch. Betroffene werden dann nach Möglichkeit in ein Krankenhaus gebracht, das auf Schlaganfälle spezialisiert ist (Stroke Unit).

Bestehen die Symptome weiterhin, ist zunächst von einem Schlaganfall auszugehen. Haben sich die Symptome bereits zurückgebildet, müssen sich Ärzte und Ärztinnen hauptsächlich auf die Angaben der Betroffenen oder ihrer Angehörigen verlassen, die die Symptome schildern. Eine bereits zurückgebildete TIA sowie dadurch möglicherweise entstandene Veränderungen des Hirngewebes lassen sich durch bildgebende Verfahren, wie eine Magnetresonanztomographie (MRT) nur dann feststellen, wenn sie länger als einige Minuten andauerten. In der einfachen Computertomografie (CT) finden sich meist keine Auffälligkeiten.

Beide Verfahren bieten jedoch die Möglichkeit, Gefäßverschlüsse nachzuweisen, was wichtig ist, wenn deutliche Schlaganfallsymptome bestehen. Auch mithilfe eines Ultraschalls können Ärzte und Ärztinnen die Arterien untersuchen, die das Gehirn versorgen. Ein EKG gibt Hinweise auf eine Herzrhythmusstörung wie Vorhofflimmern.

 

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Behandlung: Wie wird eine TIA behandelt?

Bei noch bestehenden Symptomen werden Ärztinnen und Ärzte eine TIA wie einen Schlaganfall behandeln. Das heißt, es werden entweder Gerinnsel auflösende Medikamente (Lyse-Therapie) eingesetzt oder eine mechanische Entfernung des Gerinnsels (Thrombektomie) durchgeführt.

Da die Wahrscheinlichkeit, nach einer TIA einen Schlaganfall zu erleiden, erhöht ist, geht es bei der Behandlung insbesondere darum, die individuellen Risikofaktoren für einen Schlaganfall zu minimieren. Ein bestehender Bluthochdruck sollte ebenso behandelt werden wie ein Diabetes Typ 2 oder krankhaftes Übergewicht (Adipositas). Unter Umständen kommen auch gerinnungshemmende Medikamente zum Einsatz. Viele Risikofaktoren können Betroffene durch einen gesunden Lebensstil beeinflussen: ausreichende Bewegung, eine ausgewogene Ernährung, Rauchverzicht, wenig Alkohol, genügend Schlaf und Stressabbau.

Wie hoch ist die Lebenserwartung nach einer TIA?

Die Lebenserwartung hängt stark davon ab, welche Risikofaktoren jemand mitbringt, der eine TIA erlitten hat. Je besser die mit dem Test-Score ermittelten Risikofaktoren behandelt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht zu einem Schlaganfall kommt. Die Überlebensrate nach einem Schlaganfall hängt unter anderem ab vom Alter der Patienten und von der Schwere des Hirninfarkts.

Einer Studie der Universität Erlangen-Nürnberg zufolge stirbt jeder zweite Betroffene innerhalb von fünf Jahren nach dem ersten Schlaganfall. Jeder fünfte erleidet innerhalb von fünf Jahren einen erneuten Schlaganfall. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit zu sterben mit 49,6 Prozent bei Frauen etwas höher als bei Männern (41,8 Prozent).

Exptertin und Experte im Beitrag

 

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NDR Fernsehen | Visite | 27.05.2025 | 20:15 Uhr

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