Die Zukunft war früher schon schlecht. Stephen Kings Sci-Fi-Roman „The Running Man“ malte bereits 1982 für das Jahr 2025 die dystopische Vision einer Fernseh-Show aus, in der das Publikum sich live am „Spiel“ einer Menschenjagd beteiligt. In der populären Verfilmung mit Arnold Schwarzenegger 1987 war es dann das Jahr 2017, in dem die USA ein totalitärer Polizeistaat mit „Brot und Spiele“-Entertainment sind.
Die Grundidee ist sogar noch älter. Robert Sheckley beschrieb sie 1960 in der Erzählung „The Prize of Peril“, die Wolfgang Menge 1970 dann im berühmten Fernsehfilm „Das Millionenspiel“ adaptierte. Es passt also ganz gut, dass Edgar Wright seiner Neuverfilmung von „The Running Man“ ein gewisses Retrofeeling verleiht.
So stellt die Filmausstattung keine coolen technischen Innovationen heraus, sondern Ungleichheit, Massenverarmung und Mangel an medizinischer Versorgung in dieser „nahen Zukunft“. Das Unglück wird betont durch entsättigte Farben, schlechtes Wetter und miserable Wohnverhältnisse. Ben Richards (Glen Powell) lebt mit Frau und Kind in einem zellenartigen Apartment einer verwahrlosten Wohnanlage. Weil er seinen Mund nicht halten kann, verliert er zu Beginn des Films einmal mehr seinen Job. Für die Gesundheitsfürsorge der chronisch kranken Tochter ist das eine Katastrophe.
Geld muss her, und so reiht sich Ben in die lange Schlange derjenigen ein, die sich beim alles beherrschenden „Network“ für eine der vielen würdelosen, ausbeuterischen Reality-Shows bewerben. Seine Frau Sheila (Jayme Lawson) hatte ihm noch eingeschärft, sich ja nicht fürs „Running Man“-Spiel rekrutieren zu lassen, das noch kein Teilnehmer überlebt hat. Aber es stellt sich heraus, das kein Geringerer als Chefproduzent Dan Killian (Josh Brolin) Ben für den begabtesten aller bisherigen Kandidaten hält.
„The Running Man“. Regie: Edgar Wright. Mit Josh Brolin, Glen Powell u. a. USA/Vereinigtes Königreich 2025, 133 Min.
Der verzweifelte Ben, gepanzert von der eigenen Wut auf das System, tritt also das Spiel an. Er und zwei weitere Auserwählte bekommen wenige Stunden Vorsprung, um unterzutauchen, bevor eine Riege von „Jägern“ auf sie angesetzt wird. Das Publikum ist dazu aufgefordert, Tipps zu liefern oder die Sache selbst in die Hand zu nehmen, wenn sie die „Spieler“ irgendwo zu erkennen glauben.
Menschenjagd und KI-Manipulation
Der Schock auch für Ben besteht nicht etwa darin, wie brutal die Jäger vorgehen, sondern in der Entdeckung, dass Killian das Spiel manipuliert. KI-Verfälschungen – im Grunde der einzige aktuelle Bezug in diesem Sci-Fi-Retro-Film – machen aus Ben einen kaltblütig mordenden Bösewicht und grenzen so die Zahl der Menschen, die ihm helfen wollen, stark ein.
Aber es gibt sie, wenn auch vereinzelt: den rebellischen TV-Nerd Bradley (Daniel Ezra), der das Spiel durchschaut, oder den Einzelgänger Elton (Michael Cera), der das Erbe seines Dissidenten-Vaters antreten möchte. Mit ihrer Unterstützung entsteht unter dem Slogan „Ben Richards lebt!“ der Kern einer Widerstandsbewegung.
Das Produktionsdesign mischt nostalgisch alte Medientechniken wie Videokassetten unter Neuerfindungen wie fliegende Kamera-Augen. Zum Organ der Rebellion wird ein in 80er-Jahre-Manier zusammenkopiertes Magazin. Aber leider ist der Film von der Rasanz der eigenen Action so eingenommen, dass weder diese hübschen ästhetischen Ideen noch die interessanten Nebenfiguren genug Raum bekommen.
Auch tut sich Glen Powell schwer damit, in die Fußstapfen von Schwarzenegger zu treten. Die Rolle erfordert einen „Arnold“, der qua „Terminator“-Image einen Film zusammenhalten kann. Powells eigene Stärke dagegen, als smarter, selbstreflexiver Typ den üblichen Muskel-Boys etwas entgegenzusetzen, vermag sich hier keine Geltung zu verschaffen.
Die dem Stoff zugrundeliegende Gesellschafts- und Medienkritik, die einerseits die Mob-Mentalität und die „Brot und Spiele“-Dekadenz der Moderne anprangert, andererseits aus genau dieser Dynamik einen Helden hervorgehen lässt, wirkt in dieser Neuverfilmung ziemlich altbacken.
