Schlimm an der schlimmen, weil fehlkonstruierten
Ludwigshafener Tatort-Folge von vergangener Woche war auch der kindergartenhafte
Entwurf des Bürolebens auf dem Revier. Dabei wäre die Darstellung von
Arbeitsbeziehungen zwischen alten Hasen und jungen Himmelsstürmern doch das, was
die Leute vorm Bildschirm interessieren könnte, weil es ihnen bekannt vorkommt.
Der neue Schwarzwald-Tatort: Der Reini (SWR-Redaktion: Katharina Dufner)
führt nun vor, wie man über diese nicht selbst gewählten Verhältnisse mit
kleinsten Markierungen präzise erzählen kann (Drehbuch: Bernd Lange). Ein
Apotheker ist erschossen worden, Kommissarin Tobler (Eva Löbau) weilt auf einer
Fortbildung zur Führungskraft, was als Gerangel um Beförderung schon seit
ein paar Folgen die Verbindung zum Kollegen Berg (Hans-Jochen Wagner)
belastet. Der ist wiederum mit der Sorge um seinen Bruder Reinhard beschäftigt: Ein Arzt aus der psychiatrischen Anstalt, in der sich der titelgebende Reini
befindet, versucht den Kommissar telefonisch zu erreichen.
Was daran schon schön ist – dass Tobler auf der Tagung mit
Blazer (Kostümbild: Maxi Munzert) und etwas dickerem Make-up (Maske: Claudia
Koch und Seidl) verkleidet aussieht – und so nebenbei etwas erzählt über die
Anforderungen, die mit so einer Führungskräfteschulung einhergehen.
Am Tatort selbst ist die junge Ermittlerin Ella Pauls (verschafft
einer leicht klischierten Figur eigenes Leben: Luise Aschenbrenner)
überfordert. Und toll ist dann, was der Film aus dieser Situation durch
einander widerstrebende Motivationen erzählerisch rausholt (Regie: Robert
Thalheim).
Pauls ruft bei Tobler und Berg an, erreicht wegen des
Funklochs am Berg-Haus jedoch nur Tobler, die aus der Ferne nichts regeln kann,
aber genervt und zugleich verantwortungsbewusst ist, und dann selbst Berg
irgendwann erreicht. Für den ist die Erinnerung daran, dass er der jungen
Kollegin helfen muss, einerseits unangenehm, weil er das selbst weiß, und
andererseits unangenehm, weil die Tobler-Abwesenheit ihm vor Augen führt, dass
er nicht auf der Führungskräfteschulung ist.
Mit diesen gemischten Gefühlen geht es dann zur Apotheke, wo nachvollziehbar vorgeführt wird, was der unterschiedliche Grad an Erfahrung in der
Praxis bedeutet. Dass Berg die richtigen Fragen stellt und der Kollegin, die
ihre Überforderung gut schildert, den Rat mitgibt, es sei in solchen
Situationen das Wichtigste, Entscheidungen zu treffen, ins Handeln zu
kommen. Dann wird Berg durch den Anruf des Arztes wieder aus der
Arbeitssituation gerissen. Der Bruder ist aus der Klinik ausgebüxt, also
rauscht der Kommissar wieder ab in seinen privaten struggle.
Tobler bricht über diese Information die Fortbildung ab,
weil sie sich eh auf nichts anderes konzentrieren kann, und ordnet später
auf dem Revier – ebenfalls plausibel – das Gewirr an Anhaltspunkten und Ansätzen in
dem Fall.
So einfach gelingt Komplexität. Die Exposition in diesem Tatort
ist auch deshalb clever, weil das Kompetenzverhandeln ablenkt von der
Überflüssigkeit der Leiche. Eigentlich braucht der Film keinen Toten, weil er
ein Thriller ist. Der Reini ist mit seiner schizophrenen Freundin Mika und dem
Soziopathen Luke aus der Klinik geflohen. Luke hatte ihm als Belohnung für die
Organisation der Flucht Geld für eine Existenzgründung mit Mika in Marokko versprochen.
