„Tatort“ Hamburg: So welche wie du arbeiten nicht bei der Polizei

Doppelfolgen beim ARD-Sonntagabendkrimi tun immer bedeutsam. Sie werden herausgeholt etwa zum 50. Geburtstag der westdeutschen Erfindung Tatort, um das Jubiläum als staatsbesuchsähnliche Begegnung zweier Schauplätze mit Hin- und Rückspiel in Dortmund und München zu begehen. Oder um, wie zuletzt mit der Rechtsextremismusverschwörung in Berlin, ein großpolitisches Thema am Feiertagswochenende (Ostersonn- und -montag) elegant programmieren zu können.

Beim Hamburger Doppel-Tatort: Ein guter Tag/Schwarzer Schnee (NDR-Redaktion: Christian Granderath, Patrick Poch) wird dagegen an einem Abend so humorlos hintereinander weggesendet, wie gedreht worden ist: am Stück. Das erscheint gleich weniger aufregend, weil dahinter ein ökonomisches Kalkül steckt (zwei Filme in einem Aufwasch), das auch am neuen Frankfurter Schauplatz Kosten sparen helfen sollte – die letzte Folge Licht entstand beim gleichen Dreh wie die noch zu terminierende Episode Fackel (AT), zwischen 24. März und 23. Mai 2025. Die Doppelfolge ist außerdem eine Koproduktion mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Niederlanden (NPO).

Bedeutsam soll es in Hamburg dennoch zugehen, wie Christian Granderath, der gerade in Rente gegangene Leiter Film, Familie und Serie im NDR, in seinem Geleitwort behauptet: „Nur selten wird aus Spiegel-Titelgeschichten ein Tatort und somit große Sonntagabend-Unterhaltung.“ Leider nicht ganz richtig, denn journalistische Texte schimmern als Ideenlieferanten für ARD-Sonntagabendkrimis häufiger durch; in Dresden war die Spiegel-Reporterin Frauke Hunfeld zuletzt sogar Co-Autorin eines Films, der die Abgründe ihrer Magazin-Recherche allerdings nicht zu fassen bekam.

Das geht Ein guter Tag / Schwarzer Schnee nicht anders. Thema ist zwar die „Mocro-Mafia“ aus den Niederlanden, die besonders aggressiv mit Drogen dealt, junge Leute rekrutiert und Journalismus, Politik, Justiz in Angst und Schrecken versetzt. Aber dass es sich dabei um eine adäquate Verfilmung des besagten Spiegel-Texts von Jürgen Dahlkamp, Jörg Diehl und Roman Lehberger aus dem Jahr 2021 handele, lässt sich schwerlich behaupten.

Vielmehr kommen einem lauter Versatzstücke entgegen, mit denen sich schon andere ARD-Sonntagabendkrimis ein Bild von organisierter Kriminalität zu zimmern versucht haben: der unscheinbar-bürgerlich wirkende, aber böse Obermafioso im Gefängnis; dessen exaltierterer, aber nicht weniger böser Sohn draußen; Männergruppen, die Leute überfallen und die Polizei jagen; ein unschuldiger Junge, der trotzdem ins Netz des Bösen gerät; eine zwielichtig wirkende BKA-Gestalt.

Oder ein korrupter Provinzbürgermeister, der von Sebastian Hülk verkörpert wird. Und ein gutes Beispiel ist für einen Film, der keine Spiegel-Recherche braucht, weil er sich sowieso bei den immer gleichen Abziehbildern aus anderen Durchschnittsfilmen bedient. Der Bürgermeister hat gerade gekokst, als er Besuch von der Polizei bekommt in seinem riesigen Amtszimmer, das so stilvoll-diskret ausgeleuchtet ist wie die zwielichtigen Gangsterbuden (Oberbeleuchter: Stefan Peters, Szenenbild: Thomas Freudenthal).