
Jahrelang gaben Banken die Negativzinsen der EZB an Kunden weiter. In einigen Fällen zu Unrecht, wie der BGH nun geurteilt hat. Wer Geld von seiner Bank zurückerhalten möchte, muss allerdings selbst aktiv werden.
Negativzinsen auf Spareinlagen und Tagesgeld, die verschiedene Banken in der Vergangenheit verlangt haben, sind nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) unwirksam. Inhaber von Sparkonten könnten nun mit Rückzahlungen rechnen. Für Kunden mit Girokonten gilt das nur unter bestimmten Umständen.
Der BGH hat klargestellt: für Guthaben auf Spar- und Tagesgeldkonten dürfen Banken und Sparkassen keine Verwahrentgelte erheben. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn Sparguthaben durch Negativzinsen weniger würden, begründete der BGH seine Entscheidung. „Das steht dem Vertragszweck diametral entgegen“, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger in der Verhandlung in Karlsruhe.
Damit hatten die Klagen der Verbraucherzentralen überwiegend Erfolg. Anders sieht es das Gericht mit Blick auf Girokonten. Die Verwahrung des Geldes stelle hier eine von der Bank erbrachte Hauptleistung dar und unterliege damit keiner rechtlichen Inhaltskontrolle. Somit dürften die Geldinstitute auf diese Einlagen grundsätzlich Negativzinsen erheben.
Das große Aber: Die Vertragsklauseln zu den Verwahrentgelten müssen transparent sein, betont der Senat. Kunden müssen etwa verstehen können, auf Grundlage welches Guthabens die Entgelte berechnet werden. Sonst sind auch hier die Strafzinsen unzulässig.
Von Juni 2014 an mussten Geschäftsbanken im Euroraum Zinsen zahlen, wenn sie Gelder bei der EZB parkten. Auf dem Höhepunkt der Negativzinsphase waren es 0,5 Prozent. Etliche Geldhäuser gaben die Kosten dafür an ihre Kundschaft weiter und verlangten Verwahrentgelte. Im Juli 2022 schaffte die EZB die Negativzinsen ab, in der Folge lockerten auch Banken und Sparkassen die Gebührenschraube wieder.
Auf dem Höchststand im Mai 2022 verlangten mindestens 455 Geldhäuser in Deutschland von ihren Kunden Negativzinsen. Das zeigen Marktdaten des Finanzvergleichsportals Verivox. Demnach orientierten sich die meisten Banken am Einlagezins der EZB und setzten den Strafzins auf 0,5 Prozent. „Bei einem Teil der Banken wurden auch Klein- und Durchschnittssparer belastet“, sagt Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier. „Einige Geldhäuser berechneten Negativzinsen schon ab 5.000 oder 10.000 Euro.“
Bankkunden müssen jetzt aktiv werden
„Betroffene Bankkunden müssen jetzt aktiv werden“, sagt Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen. Eine automatische Rückzahlung an betroffene Verbraucher hat der BGH abgelehnt. „Das heißt, wer Negativzinsen gezahlt hat in der Vergangenheit, der sollte sich schnellstmöglich rechtliche Beratung suchen und bei seiner Bank die Beträge zurückfordern.“ Beratung gebe es bei den Verbraucherzentralen, aber auch bei spezialisierten Anwälten.
Laut Hummel sollten Betroffene auf die Verjährungsfrist achten. „Die Standardverjährung in Deutschland beträgt drei Jahre“, erklärt er. „Ansprüche, die im Jahr 2022 entstanden sind, die sind bis zum Ende des Jahres 2025 noch nicht verjährt.“ Aber auch ältere Ansprüche könnten noch geltend gemacht werden, wenn sogenannte verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen wurden. „Wenn sie mit der Bank gestritten haben über diesen Zins, wenn es ein Gerichtsverfahren oder Ähnliches gab, dann können Kunden noch deutlich ältere Forderungen geltend machen“, so Hummel.
Einer Verivox-Umfrage zufolge zahlten 13 Prozent von 1.023 Befragten Negativzinsen an ihre Bank, also jeder achte. Demnach lag der Anteil bei Gutverdienern mit einem Nettoeinkommen ab 3.000 Euro bei 15 Prozent, der Anteil unter den Befragten mit niedrigen Einkommen unter 2.000 Euro bei 7 Prozent. In der Umfrage gaben 88 Prozent der betroffenen Befragten an, die Strafzinsen zurückfordern zu wollen, wenn der BGH den Weg dafür freimacht.
Reuters/dpa/shem/sebe