Ursula von der Leyen kündigt zusätzliche finanzielle Unterstützung für syrische Flüchtlinge in der Türkei an. Deutschland nimmt derweil diplomatische Beziehungen zu den neuen Herrschern in Damaskus auf. Alle Entwicklungen im Liveticker.
Nach dem blitzartigen Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad steht das Land vor einer ungewissen Zukunft. Die Islamisten haben die Macht übernommen.
Lesen Sie alle Entwicklungen zur Lage in Syrien im Liveticker:
12:44 Uhr – Von der Leyen: Milliardenhilfen für syrische Flüchtlinge in der Türkei
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigt zusätzliche finanzielle Unterstützung für syrische Flüchtlinge in der Türkei an. „Eine weitere Milliarde Euro für das Jahr 2024 ist auf dem Weg“, sagte von der Leyen in Ankara. Das Geld werde zur „Migrations- und Grenzverwaltung beitragen, einschließlich der freiwilligen Rückkehr syrischer Flüchtlinge“, fügte sie hinzu.
12:36 Uhr – EU bereit zur Wiedereröffnung der Vertretung
Die EU will nach „konstruktiven“ Gesprächen mit den neuen Machthabern in Syrien ihre Vertretung in Damaskus wiedereröffnen. „Wir sind bereit, unsere Delegation wiederzueröffnen“, sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vor dem Europaparlament in Straßburg. „Wir können in Syrien kein Vakuum hinterlassen. Die EU muss präsent sein“, argumentierte Kallas.
10:35 Uhr – Bundesregierung nimmt Kontakt zu Übergangsregierung in Syrien auf
Die Bundesregierung wird nach Angaben des Außenministeriums am Dienstag Gespräche mit Vertretern der syrischen Übergangsregierung in Damaskus führen. Damit schließt sich Deutschland den Bemühungen der USA und Großbritanniens an, die nach dem Sturz Assads bereits Kontakte zu der islamistischen Gruppe HTS aufgenommen haben. Bei den Gesprächen werde es um einen Übergangsprozess für Syrien und den Schutz von Minderheiten gehen, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums.
„Außerdem werden dort Möglichkeiten einer diplomatischen Präsenz in Damaskus ausgelotet“, sagte eine Sprecherin. Zudem soll es Treffen mit Vertretern der syrischen Zivilgesellschaft und christlicher Gemeinden geben. Teil der deutschen Delegation sei auch eine Vertreterin des Bundesentwicklungsministeriums. „Wir beobachten die Aktivitäten der HTS und der HTS-eingesetzten Übergangsregierung genau. Soweit man das überhaupt schon sagen kann, agieren sie bisher umsichtig“, sagte die Sprecherin.
10:02 Uhr – Irans Botschaft in Syrien bleibt vorerst zu
„Eine Wiedereröffnung der iranischen Botschaft in Syrien steht nicht unmittelbar bevor, da dies im Vorfeld zunächst politische und sicherheitstechnische Vorbereitungen erfordert“, sagte Außenamtssprecher Ismail Baghai laut der iranischen Nachrichtenagentur Isna. Sobald diese Bedenken ausgeräumt seien, werde der Iran die notwendigen Schritte einleiten. Nach dem Umsturz hatten Aufständische die iranische Botschaft in Damaskus gestürmt und nach iranischen Medienberichten regelrecht verwüstet. Für Teheran war der langjährige syrische Machthaber Assad ein strategisch wichtiger Verbündeter.
08:49 Uhr – Scherge oder Opfer? CNN muss Berichterstattung über befreiten Gefangenen überprüfen
Tausende Gefangene sind seit der Machtübernahme in Syrien befreit worden, die meisten gelten als politische Gefangene und somit als Opfer des Regimes. Ein Filmteam um US-Reporterin Clarissa Ward berichtete in der vergangenen Woche darüber aus einem Gefängnis in Damaskus und wurde Zeuge einer solchen Befreiung. Nun gibt es aber erhebliche Zweifel an der Geschichte, die das mutmaßliche Opfer dem Team des US-Senders CNN erzählte. Stattdessen soll es sich um einen in Damaskus berüchtigten Offizier handeln.
06:05 Uhr – Britische Delegation plant Treffen mit Rebellengruppe
Eine britische Delegation soll sich in Syrien mit der Rebellengruppe treffen, die für Assads Sturz verantwortlich ist. Das hat die britische Regierung angekündigt. Außenminister David Lammy erklärte, dass das Vereinigte Königreich einen „inklusiven politischen Übergangsprozess unter syrischer Führung und in syrischer Verantwortung“ unterstützen werde. Die Rebellenorganisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die den erfolgreichen Aufstand gegen Assad anführte, wird von Großbritannien – ebenso wie von den USA – als Terrorgruppe eingestuft. Regierungsvertreter deuteten an, dass man diese Entscheidung prüfen wolle, nannten aber keinen Zeitplan dafür. Gespräche mit der HTS seien allerdings in der Zwischenzeit möglich.
00:56 Uhr – Islamisten fordern Aufhebung von Sanktionen vor Rückkehr von Flüchtlingen
Der Anführer der siegreichen Islamisten in Syrien hat die Aufhebung von Sanktionen als notwendig für die Rückkehr von Flüchtlingen bezeichnet. HTS-Chef Ahmed al-Scharaa sprach bei einem Treffen mit britischen Diplomaten am Montag von der Notwendigkeit, „alle gegen Syrien verhängten Sanktionen aufzuheben, um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Land zu ermöglichen“, wie seine Gruppe im Onlinedienst Telegram erklärte.
00:42 Uhr – Islamisten lösen Kampfgruppen auf
Der Anführer der siegreichen Islamisten in Syrien hat die Auflösung der Kämpfergruppen und ihren Eintritt in die Armee der neuen Machthaber angekündigt. Die verschiedenen Gruppen „werden aufgelöst und die Kämpfer für die Reihen des Verteidigungsministeriums ausgebildet, wobei alle dem Gesetz unterliegen“, erklärte der Oberkommandierende der Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), Ahmed al-Scharaa, der bislang unter seinem Kampfnamen Mohammed al-Dscholani auftrat, am Montag im Onlinedienst Telegram. Kämpfer unter Führung der HTS hatten vor gut einer Woche den langjährigen Machthaber Baschar al-Assad gestürzt.
Montag, 16. Dezember:
19:05 Uhr – US-Streitkräfte töten zwölf IS-Mitglieder bei Luftangriffen in Syrien
Die US-Streitkräfte haben erneut Luftangriffen in Syrien ausgeführt und dabei zahlreiche Kämpfer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) getötet. Wie das für den Nahen Osten zuständige US-Zentralkommando (Centcom) mitteilte, wurden bei den Angriffen auf Stützpunkte der Miliz zwölf IS-Mitglieder getötet. Mit den Angriffen solle der IS daran gehindert werden, „sich im Zentrum Syriens neu zu formieren“.
18:50 Uhr – Trump: Türkei hat in Syrien „feindliche Übernahme“ vollzogen
Donald Trump bewertet das Geschehen in Syrien und den Sturz des Machthabers Baschar al-Assad als eine „feindliche Übernahme“ durch die Türkei. Die Türkei habe das „schlau“ angestellt, sagte Trump vor Journalisten in seiner Residenz in Mar-a-Lago in Florida. „Die Türkei hat eine feindliche Übernahme vollzogen, ohne dass dabei viele Menschen ums Leben gekommen sind.“
Mit Blick auf Assad sagte Trump, dieser sei ein „Schlächter“ angesichts dessen, was er Kindern angetan habe. Der künftige US-Präsident verwies darauf, dass die US-Streitkräfte in seiner ersten Amtszeit einen Raketenangriff auf Syrien ausführten. „Sie erinnern sich, dass ich ihn mit 58 Raketen angegriffen habe, unglaubliche Raketen, die von Schiffen kamen, die 700 Meilen entfernt waren“, sagte Trump.
17:20 Uhr – EU-Außenbeauftragte: Kein Platz für Extremisten, Russland oder Iran
Extremisten, Russland und der Iran sollten nach Darstellung der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas keinen Platz im zukünftigen Syrien haben. „Viele Außenminister haben betont, dass der neuen Führung zur Bedingung gemacht werden sollte, den russischen Einfluss zu beenden“, sagt sie nach einem Treffen mit ihren Kollegen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten in Brüssel. Die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr am Samstag aus Kreisen der siegreichen Rebellen, dass die Regierung in Moskau zwar Soldaten von der Front in Syrien und Stellungen in den Alawiten-Bergen zurückziehen werden. Die beiden größten Stützpunkte sollen dagegen auch nach dem Sturz von Präsident Baschar al-Assad beibehalten werden.
17:13 Uhr – Von der Leyen will mit Erdogan über Syrien beraten
Ursula von der Leyen kommt am Dienstag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara zusammen. Im Mittelpunkt des Treffens steht die Lage in Syrien.
Von der Leyen will nach eigenen Angaben mit Erdogan über Hilfslieferungen nach Syrien sprechen. Die EU hat angekündigt, über die Türkei Lebensmittel, Medikamente und Behelfsunterkünfte in das Land zu bringen. Daneben dürfte es um Kontakte zur neuen islamistischen Führung in Damaskus gehen. Die Türkei wie die EU setzen zudem auf die Rückkehr syrischer Flüchtlinge, sollte sich die Lage im Land stabilisieren.
15:45 Uhr – Syrien-Transparent am Brandenburger Tor in Berlin entrollt
Über eine Hebebühne sind vier Aktivisten auf das Brandenburger Tor in Berlin geklettert und haben dort ein Transparent ausgerollt. „Für Demokratie in Syrien“ und „Rojava verteidigen“ stand auf dem Banner geschrieben, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Die Polizei ist vor Ort im Einsatz. Da es sehr windig ist, sollen Höhenretter die vier Kletterer herunterholen.
Die Aktivisten fordern eine Anerkennung der Demokratischen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien und ein Ende der Angriffe auf diese Teile des Landes, in denen viele Kurden leben, hieß es in einer Mitteilung der Initiative „RiseUp4Rojava“.
14:30 Uhr – Assad äußert sich erstmals zu Flucht nach Moskau
Syriens gestürzter Machthaber Baschar al-Assad soll sich erstmals zu seiner Flucht nach Moskau geäußert haben. Diese sei nicht freiwillig gewesen, hieß es in einer Erklärung, die im Kanal seiner früheren Präsidentschaft in Syrien bei Telegram verbreitet wurde. Ob die Erklärung echt ist, ließ sich zunächst nicht überprüfen.
„Ich bin in Damaskus geblieben und habe meine Pflichten bis zum frühen Sonntagmorgen, 8. Dezember, wahrgenommen“, heißt es. Im Zuge der Offensive von „Terroristen“ sei Assad zum russischen Militärstützpunkt in Latakia gereist. „Als sich die Lage am Boden in der Gegend weiter verschlechterte, wurde auch die russische Militärbasis verstärkt mit Drohnen angegriffen.“ Moskau habe dann eine sofortige Evakuierung des Stützpunkts nach Russland für den Abend des 8. Dezember angeordnet.
„Ich habe zu keinem Zeitpunkt während dieser Ereignisse in Betracht gezogen, zurückzutreten oder Asyl zu beantragen“, teilte Assad der Erklärung zufolge mit. „Ich habe niemals Positionen zur persönlichen Bereicherung angestrebt, sondern habe mich immer als Hüter eines nationalen Projekts verstanden.“ Weiter behauptete Assad, er sei „unerschütterlich“ dem Ziel verpflichtet gewesen, den Willen des syrischen Volkes durchzusetzen und den syrischen Staat und dessen Institutionen zu schützen.
13:37 Uhr – Menschenrechtler warnen vor „Islamischer Republik“ in Syrien
Menschenrechtler haben vor dem Aufbau einer „Islamischen Republik“ in Syrien gewarnt. Viele Aktionen und Anweisungen der neuen islamistischen Machthaber deuteten darauf hin, dass sie einen nach strengen islamischen Regeln funktionierenden Staat etablieren wollten, sagte der Nahost-Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido. Das werde „dramatische Folgen für Minderheiten und Frauen haben“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst.
Im Gouvernement Tartus sei der ehemalige Dekan der Fakultät für islamisches Scharia-Recht an der Universität Idlib, Anas Ayrout, mit der Verwaltung des Gouvernements beauftragt worden, berichtete Sido. Ayrout habe in den vergangenen Tagen in seinen Predigten von „islamischer Eroberung“ gesprochen.
11:56 Uhr – Deutschland plant baldige Kontaktaufnahme zur Übergangsregierung
Die Bundesregierung will sich bei ersten Kontakten zur Übergangsregierung in Syrien eng mit internationalen Partnern wie etwa Frankreich abstimmen. Eine Präsenz vor Ort sei jetzt ein wichtiges Thema, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Es werde rasch eine erste Kontaktaufnahme zu den neuen Machthabern in Damaskus geben.
11:38 Uhr – Rückkehrdebatte laut Migrationsabkommen-Bevollmächtigtem Stamp zu verfrüht
Der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, will die kommunalen Behörden auf kommende Ausreisen syrischer Geflüchteter vorbereiten. Über die Unterstützung freiwilliger Rückkehrer müsse sich Deutschland frühzeitig Gedanken machen, sagte der FDP-Politiker im Deutschlandfunk. Es sei notwendig, die Ausländerbehörden personell darauf vorzubereiten.
Diese Vorbereitungen könnten bereits angegangen werden, sagte Stamp weiter. „Aber für alles andere ist es einfach schlichtweg zu früh.“ Noch sei unklar, wie stabil die Situation in Syrien sei. „Ich würde mir hier eine unaufgeregte Debatte wünschen.“
dpa/Reuters/AFP/AP/sos/shem/cvb/coh