
Vertreter der Jungen Union (JU) haben Außenminister Johann Wadephul nach dessen Äußerungen über mögliche Abschiebungen nach Syrien kritisiert. Wadephul habe „mit seinen geschichtsvergessenen und politisch unbedachten
Aussagen erneut bewiesen, dass ihm das notwendige Maß an
politischem Gesamtverständnis fehlt“, sagte der hessische
JU-Vorsitzende Lukas Brandscheid dem Focus. Auch der nordrhein-westfälische JU-Landeschef Kevin
Gniosdorz kritisierte Wadephul: „Nach den wiederholten
Unklarheiten des Außenministers braucht es offenbar mehr Führung
und strategische Koordination aus dem Kanzleramt“, sagte er ebenfalls dem Focus.
Wadephul hatte bei einem Besuch in der syrischen Hauptstadt Damaskus am vergangenen
Wochenende angesichts der Zerstörung bezweifelt, dass ein
menschenwürdiges Leben dort derzeit möglich ist. In der Union waren daraufhin Zweifel
aufgekommen, ob Wadephul zum Kurs der Union stehe, der eine schnelle Abschiebung syrischer Flüchtlinge anstrebt. In einer Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am
Dienstagnachmittag soll Wadephul nach Berichten mehrerer
Medien außerdem gesagt haben, die Lage in Syrien sei vergleichbar mit der
in Deutschland im Jahr 1945.
„Selbstverständlich steht der Bundeskanzler hinter dem Außenminister“
Regierungssprecher Stefan
Kornelius bemühte sich um die Beruhigung der Situation. „Selbstverständlich steht der Bundeskanzler
hinter dem Außenminister“, sagte er in Berlin. Er sprach zugleich von einer
„seltsamen Wahrnehmung“, dass es bei der Fraktionssitzung am Dienstag Kritik an Wadephul gegeben
habe. Er habe an der Sitzung teilgenommen und es anders wahrgenommen, sagte Kornelius. Den angeblichen Vergleich von Deutschland 1945 und Syrien wollte Kornelius nicht
kommentieren und verwies darauf, dass die Sitzung vertraulich war.
Es gehe jetzt darum, die Lage in Syrien zu stabilisieren, um
Rückführungen und auch eine freiwillige Rückkehr der syrischen
Flüchtlinge möglich zu machen, sagte Kornelius.
Deutschland habe ein Interesse daran, dass die Syrerinnen und
Syrer ihr Land wieder aufbauten, deshalb werde die Rückkehr
gefördert. „Aber dazu müssen die rechtlichen Voraussetzungen und
auch die materiellen Voraussetzungen geschaffen sein.“
Merz selbst hatte am Montag als Reaktion auf Wadephuls Äußerungen klargestellt, dass die Bundesregierung
nach wie vor auch Rückführungen von Geflüchteten nach Syrien
anstrebe. Der Bürgerkrieg dort sei beendet, daher gebe es keinen
Grund mehr für Asyl in Deutschland, sagte Merz.
