
Jetzt ist wieder Törggelezeit. Gebratene Kastanien, Wein und Schlachtplatte in der Südtiroler Bauernstube, das ist so populär, dass viele Buschenschenken schon Monate im Voraus ausgebucht sind. Wo sich andernorts in Italien die Einheimischen bereits vom Massentourismus des Sommers erholen können, geht es in Südtirol im Oktober noch mal richtig rund. Halb Süddeutschland und halb Norditalien treffen sich in dieser gelobten italienischen Provinz zum Wandern, zum Einkehren, zur Wellness. Die Kassen der Hoteliers, Restaurants und Airbnb-Vermieter klingeln. Volle Straßen, teure Restaurants und Mieten sind die andere Seite der Medaille.
Im vergangenen Sommer hatte ein italienisches Meinungsforschungsinstitut Südtirol mit Rimini und Venedig zu jenen drei italienischen Orten gezählt, die am meisten von Overtourism betroffen sind.
Der Andrang hat zur Folge, dass viele Einheimische sich die Augen reiben und fragen: Ist das noch unser Land oder jenes der Touristen? Besonders empfindlich wird immer dann reagiert, wenn Touristen ein Vorteil gewährt wird, den die Einheimischen nicht bekommen. So etwa bei der Gästekarte, mit der Übernachtungsgäste alle öffentlichen Verkehrsmittel nutzen können, während die Einheimischen dafür bezahlen müssen.

:Tierischer Retter
In der Schweiz stürzte ein Wanderer acht Meter tief in eine Gletscherspalte. Sein Chihuahua nicht – was für ein Glück.
Und da sind wir bei einem Thema angelangt, das zum Himmel stinkt: Hundekot. Denn auch Hundebesitzern gefällt es in Südtirol gut, und die Südtiroler selbst halten 40 000 Vierbeiner. Und weil nicht festzustellen ist, ob ein einsam auf der Seiser Alm oder am Gehsteig in Algund liegender Kothaufen von einem Touristenhund oder von einem Einheimischenhund hinterlassen wurde, verfielen die politisch Verantwortlichen auf eine Idee. Alle Hundebesitzer sollten eine Genprobe ihres besten tierischen Freundes abgeben, die in einer Gendatenbank abgespeichert werden sollte. So ließe sich mit Genschnelltests feststellen, welcher Hundebesitzer die Hinterlassenschaft liegen gelassen hat. Hohe Strafen wurden festgelegt.
Das Problem an der Sache: Es war mehr vom Hundeschwanz her gedacht. Denn wie sollte man die nur kurz anwesenden Touristen zum Gentest bitten? Also würde es nur die Einheimischen treffen. Wieder eine Bevorzugung der Gäste! Nach 5000 abgegebenen Proben wurde das Projekt beerdigt.
Stattdessen soll jetzt von 2026 an eine Taxe für Touristenhunde erhoben werden. 1,50 Euro pro Urlaubstag und Hund sollen dann dazu verwendet werden, um etwa Straßen und Wiesen von Hundekot zu reinigen. Da bislang die Hundekotentsorgung über die Müllgebühr finanziert wurde, sollen nun auch die Einheimischen pauschal 100 Euro Hundesteuer pro Jahr zahlen. Letzteres soll schon ab 1. Januar gelten, die Touristenhundeabgabe erst im Laufe des Jahres greifen.
Ob man damit dem Overtourism Herr werden will? Wer 400 Euro pro Nacht für das Zimmer im Wellnesshotel bezahlt, der wird wohl wegen 1,50 Euro nicht stornieren und stattdessen ins Friaul fahren. Wobei der Trend zum Zweit-, Dritt- und Vierthund geht, was dann natürlich schon ins Geld gehen könnte.
Bisher wurden jedenfalls noch keine Protestkundgebungen aufgebrachter Touristen mit Hund registriert. Die Törggele-Lokale sind so voll wie eh und je. Und vor den Lokalen liegt …, ja, das gibt’s doch nicht, ja, so ein Sch…, wer hat denn den liegen lassen?
