
Die Deutsche Bank baut ihre Führungsriege um. Vorstandschef Sewing bleibt zwar, die Nummer zwei und der Amerika-Chef gehen jedoch. Der neue Vorstand wird den Aktionären mehr von allem liefern müssen: Umsatz, Gewinn, Dividende. Denn gegenüber den europäischen Wettbewerbern liegt das Institut deutlich zurück.
Hermann-Josef Abs führte die Deutsche Bank zehn Jahre, auch Josef Ackermann stand eine Dekade an ihrer Spitze. Alfred Herrhausen dagegen lenkte die Geschicke des größten deutschen Geldhauses nur vier Jahre, bevor ihn die RAF 1989 ermordete. Seine drei bekanntesten Vorgänger wird Christian Sewing nun um mindestens ein Jahr übertreffen, wenn er seinen gerade vorzeitig um drei Jahre bis 2029 verlängerten Vertrag erfüllt.
Dabei steht der 54-jährige Sewing weniger für Wandel als für „weiter so“. Den von ihm vor Jahren eingeschlagenen Weg wird er in den kommenden Jahren weiter fortsetzen. Das ist angesichts der turbulenten Vergangenheit der Bank sicher nicht verkehrt. Ein großer Sprung nach vorne ist für das international nur noch mittelmäßig bedeutsame Institut allerdings nicht zu erwarten.
Sewings bisheriger Vertrag wäre noch bis ins Frühjahr 2026 gelaufen, die Verlängerung beendet eine mögliche Debatte, bevor sie überhaupt angefangen hat. Sonderlich spannend wäre sie vermutlich ohnehin nicht geworden. Angesichts seiner bisherigen Bilanz hätte wohl nur sein fehlendes Interesse eine Verlängerung verhindern können. Bei der Bilanzpressekonferenz Anfang des Jahres hatte der Bankchef bereits über Ziele jenseits der aktuellen Strategie gesprochen.
Manche Mitarbeiter störten sich zwar daran, dass er sie aus dem Homeoffice zurückholen wollte und sich in seinem Nebenjob als Präsident des Bundesverbands deutscher Banken manchmal mehr um Politik als ums Geschäft zu kümmern schien. In diesem vermissten einige eine klare Perspektive. Wirklich umstritten ist Sewing deshalb aber nicht.
Das gilt auch für die Investoren. Einige bezweifeln zwar beharrlich, dass er die für Ende des Jahres ausgegeben Finanzziele erreichen kann. Die Frage, ob die Eigenkapitalrendite dann einen Prozentpunkt höher oder niedriger ausfällt, ist den Aktionären letztlich aber auch nicht ganz so wichtig. Schließlich können sie alles in allem mit Sewing zufrieden sein.
Alte Höchststände wirken zwar nach wie vor unerreichbar weit entfernt, und die Papiere europäischer Wettbewerber wie der italienischen Unicredit haben sich zuletzt weit besser entwickelt als jene des deutschen Primus. Bei einem Plus von 30 Prozent allein in diesem Jahr dürfte jedoch kaum jemand meckern. Seit Sewings Amtsantritt hat sich der Kurs mehr als verdoppelt.
Das Signal der Kontinuität hat auch mit einer weiteren Personalie zu tun. Mit Finanzvorstand James von Moltke verlässt der zweitwichtigste Manager mit Ablauf seines Vertrags Anfang 2026 nach dann neun Jahren die Bank. Entscheidend dafür soll der Ablauf der bisherigen Strategie sein. „James sah dies als den richtigen Zeitpunkt an, um einen geordneten Übergang in der Rolle des Finanzvorstands einzuleiten“, heißt es in einer internen Mitteilung zu den Wechseln auf der Führungsebene. Hinweise auf Unstimmigkeiten oder gar ein Zerwürfnis gibt es keine. Dass mit dem gebürtigen Pakistani Raja Akram, der bisher für die US-Bank Morgan Stanley arbeitete und für seinen neuen Job nun sogar von New York nach Frankfurt zieht, bereits ein Nachfolger gefunden ist, ist ebenfalls ein Signal für einen friedvollen Abschied.
Das sieht im Fall von Stefan Simon schon anders aus. Zwar finden Sewing und Aufsichtsratschef Alexander Wynaendts auch für den scheidenden Amerikachef lobende Abschiedsworte. Dass die Bank aber noch auf der Suche nach einem Nachfolger ist und „persönliche Gründe“ für das Ausscheiden nennt, lässt auf ein eher spontanes Ende der Arbeitsbeziehung schließen. Rechtsanwalt Simon war zunächst Mitglied im Aufsichtsrat der Bank gewesen und hatte dann den Posten des Rechtsvorstands übernommen. Zuletzt war bereits sein Bonus gekürzt worden, was die Bank offiziell nicht begründete. Ein naheliegender Grund ist die für viele in der Bank überraschende Niederlage in einem Prozess mit ehemaligen Postbankaktionären.
Einsam wird es um den zuletzt mitunter abgespannt wirkenden Sewing mit den Abschieden der beiden langjährigen Weggefährten nicht. Mit den Vorständen Alexander von zur Mühlen und Fabrizio Campelli bleiben ihm zwei Vertraute erhalten. Es gehe nun darum, die Bank „auf die nächste Stufe zu heben“, verkündet Sewing in der Mitteilung.
Für die kommenden Jahre wird das Führungsteam dafür vermutlich von allem etwas mehr versprechen: mehr an die Aktionäre ausschütten, mehr sparen, mehr Geschäft mit wichtigen Kunden machen. Und Sewing wird sich weiter für sein Lieblingsprojekt der europäischen Kapitalmarktunion einsetzen. Gerade in politischen Debatten hat er an Statur gewonnen, mit dem kommenden Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) versteht er sich bestens. „Ich brenne darauf, die Bank durch die nächste Phase ihrer Entwicklung zu führen“, lässt sich Sewing in der internen Mail zitieren. Dass sein Feuer erloschen sein könnte, soll ganz offensichtlich niemand glauben.