Start-ups: Es ist wieder richtig was los in Berlin

Die deutsche Start-up-Hauptstadt steckt seit einigen Jahren in einer mittelschweren Sinnkrise. Wer in den frühen 2010er-Jahren in Deutschland ein Tech-Unternehmen gründen wollte, kam an der Hauptstadt nicht vorbei. Es ist nicht so, als seien in Berlin in den vergangenen Jahren keine spannenden Unternehmen herangewachsen. Aber andere Standorte haben in Sachen Neugründungen und Finanzierungsvolumina aufgeholt; München hat Berlin als wichtigsten deutschen Start-up-Markt gar überholt.

Berlin hatte sich über Jahre auf Konsumentenanwendungen spezialisiert, insbesondere im Onlinehandel. Es ging viel weniger um technische Durchbrüche oder bahnbrechende Ideen, sondern um die Perfektionierung schon bekannter Geschäftsmodelle und das, was Berliner Gründer als „operative Exzellenz“ beschreiben würden.

Investoren interessierten sich aber immer stärker für technisch hochkomplexe Lösungen, die sich eher an andere Unternehmen richten als an Endverbraucher. Die Kommerzialisierung Deutschlands exzellenter Grundlagenforschung geriet in den Fokus. Profitiert haben Städte wie Aachen, Dresden oder eben München mit technisch starken Hochschulen.

Neues Selbstbewusstsein durch KI-Anwendungen

Viele Stars der deutschen Start-up-Szene kamen in den vergangenen Jahren aus München, nicht aus Berlin: Das Raketen-Start-up Isar Aerospace zum Beispiel, der Drohnenentwickler Helsing, das Software-Start-up Celonis. Arg am Berliner Selbstverständnis kratzte auch das weitgehende Scheitern schneller Supermarktlieferdienste wie Gorillas, die mit Investorengeldern vollgepumpt rasant wuchsen, nach dem Ende der Corona-Pandemie aber teils ebenso rasant wieder zusammenbrachen.

Doch in den vergangenen Monaten ist in der Berliner Start-up-Szene ein neues Selbstbewusstsein zu spüren. Das hängt vor allem mit dem Markttrend zu Anwendungen basierend auf Künstlicher Intelligenz (KI) zusammen. In der Welt der KI-Anwendungen kommen Berlin seine alten Gründertugenden wieder zugute: Das Rad neu erfinden muss man nicht, aber schnellstmöglich hocheffiziente Organisationen aufbauen und skalieren. Mit Unternehmen wie n8n, Parloa, Langdock, Peec AI oder Langfuse entsteht gerade eine neue, hochambitionierte Berliner KI-Gründergeneration. Sie sind sehr früh in ihrer Entwicklung und müssen ihren langfristigen Erfolg noch unter Beweis stellen. Aber es ist wieder richtig was los in Start-up-Berlin – schaden kann das nicht.