Stadtbild-Debatte: Klingbeil warnt nach Merz‘ Stadtbild-Aussage vor spaltender Sprache

Vizekanzler Lars Klingbeil hat sich von Bundeskanzler Friedrich Merz‘ Stadtbild-Aussage distanziert. Er wolle in einem Land leben, „in dem Politik Brücken baut und Gesellschaft zusammenführt, statt mit Sprache zu spalten“, sagte der SPD-Chef auf einem Gewerkschaftskongress in Hannover.

„Wir müssen als Politik auch höllisch aufpassen, welche Diskussion wir anstoßen, wenn wir auf einmal wieder in wir und die unterteilen, in Menschen mit Migrationsgeschichte und ohne“, sagte Klingbeil weiter. Zwar erkenne auch er Probleme, aber Vielfalt sei eine Stärke Deutschlands.

Kanzler Merz hatte zuletzt seine umstrittene Aussage wiederholt, nach der es in Deutschland ein „Problem im Stadtbild“ gebe, und dieses in den Kontext von Migrationsfragen gesetzt. Kritikerinnen erkennen darin eine diskriminierende Verbindung von Migration und Kriminalität. Merz beharrte auf seiner Aussage und erklärte zugleich nicht, was genau er damit gemeint hat.

Petition und Proteste gegen Merz

Eine Online-Petition der Initiative „Radikale Töchter“ sammelte nach Angaben der Plattform innn.it innerhalb von 24 Stunden etwa 100.000 Unterschriften. Darin heißt es an Merz gewandt: „Wir sind die Töchter, die keine Angst vor Vielfalt haben – aber vor Ihrer Politik. Wir sind die Töchter, die sich für Ihren Rassismus nicht einspannen lassen.“ Merz hatte zuvor auf Nachfrage eines Journalisten, wie seine Aussage gemeint gewesen sei, nur gesagt, das solle er seine eigene Tochter fragen.

Ebenfalls in Anlehnung an diese nicht näher ausgeführte Andeutung nahmen am Dienstag in Berlin mehrere Tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Kundgebung unter dem Motto „Wir sind die Töchter!“ teil. Weitere Proteste sind in Kiel und Köln geplant.

Grüner Ortsverband erstattet Anzeige wegen Volksverhetzung

Die Grünen in Castrop-Rauxel haben unterdessen Anzeige wegen Volksverhetzung gegen Bundeskanzler Merz eingereicht. Ein Sprecher der Polizei Recklinghausen sagte, es werde zeitnah geprüft, ob es sich bei den Aussagen tatsächlich um einen strafbaren Tatbestand handele.

Nach Ansicht des Grünen Stadtratsmitglieds Selim Korkutan stellte der Kanzler mit seinen Äußerungen einen Zusammenhang zwischen Problemen im Stadtbild sowie Migration und Rückführungen her. Dadurch würden Menschen durch ihre Herkunft, Hautfarbe oder Religion „erkennbar als ‚anders‘ markiert“, schrieb Korkutan im Anzeigentext. Dies überschreite den Rahmen einer politischen Debatte und stelle eine „pauschale Diskriminierung“ dar.

Mehrere Bundespolitiker und -politikerinnen der oppositionellen Grünen und Linken hatten Merz ebenfalls deutlich kritisiert. Linken-Chefin Heidi Reichinnek nannte seine Äußerung „blanken
Rassismus“. Auch aus seiner eigenen Partei wurde Merz zum Teil kritisiert. So sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Laschet, die Aussage sei „zu nebulös“, von ihr könne womöglich nur die AfD profitieren. Andere prominente Unionspolitiker stellten sich hingegen hinter Merz