Staatsfinanzen: Anteil der Steuern und Abgaben am Bruttoinlandsprodukt so hoch wie nie

Um öffentliche Ausgaben und Sozialleistungen zu bezahlen, wird der prozentuale Anteil von Steuern und Sozialabgaben am Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr auf einen Rekordwert steigen. Die sogenannte Abgabenquote klettert laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln auf 41,5 Prozent, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Im vergangenen
Jahr waren es noch 40,2 Prozent. Für 2026 wird ein minimaler
Rückgang auf 41,4 Prozent erwartet.

„Unsere Volkswirtschaft hat es mit steigenden staatlichen
Finanzierungslasten zu tun – auch in wirtschaftlich schlechten
Zeiten“, sagte IW-Konjunkturchef Michael Grömling. „Staatliche Aktivitäten legen stärker zu, als das früher der Fall war.“ Das habe mit höheren
Verteidigungsausgaben und Investitionen in die Infrastruktur zu
tun, aber auch mit steigenden sozialen Verpflichtungen für
Renten- und Krankenkasse sowie Arbeitslosenversicherung. „Das
ist auch demografisch bedingt“, fügte Grömling hinzu.

Wirtschaft wächst 2026 wieder spürbar

Für 2026 erwartet das IW, dass die deutsche Wirtschaft nach langer Zeit wieder spürbar wächst. Im gerade endenden Jahr wird das Wachstum mit nur 0,1 Prozent sehr gering ausfallen. Für das kommende Jahr rechnet das IW aber mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 0,9 Prozent. „Nach drei Jahren Rezession und Stagnation gibt es immerhin ein nennenswertes Plus“, erklärten die Experten aus Köln. Etwa ein Drittel dieses Wachstums resultiere jedoch daraus, dass es im nächsten Jahr fast zweieinhalb Arbeitstage mehr gibt als 2025 – das nennt man einen Kalendereffekt. Immerhin komme Deutschland dadurch „etwas aus seiner Schockstarre“.

Laut der Prognose tragen sowohl private als auch staatliche Investitionen zum Wachstum bei. Die Menschen werden aber weiterhin eher vorsichtig einkaufen, weil der Arbeitsmarkt sich schwächer entwickelt. Deshalb wächst der private Konsum nur um etwa ein Prozent. 

Staatsquote steigt ebenfalls stark

„Dagegen schwillt der Staatsverbrauch weiter deutlich an“, heißt es in der Prognose. Der Anteil der staatlichen Ausgaben an der gesamten Wirtschaftsleistung – die sogenannte Staatsquote – steigt 2026 auf 51,1 Prozent. Seit 1990 war dieser Wert nur einmal höher: 1995, nach der Wiedervereinigung, lag er bei 55,2 Prozent. 

Auch 2020, während der Coronapandemie, erreichte er schon einmal 51,1 Prozent. „Wenn der Staat mehr Geld in die Hand nimmt für Investitionen, dann spiegelt sich das auch in einer höheren Staatsquote wider“, sagte IW-Konjunkturchef Grömling. Mehr Ausgaben für Rüstung, Infrastruktur und Sozialleistungen machen sich bemerkbar. „Es ist erst mal gut, wenn investiert wird – auch für die jüngeren Generationen, die eine funktionierende Infrastruktur brauchen“, sagte Grömling.