
Im internationalen Frauen-Tennis nimmt die Angst zu. Spielerinnen werden mit zunehmend mehr Hassnachrichten überschüttet – einige davon an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten. Offenbar gibt es einen Zusammenhang mit dem stark wachsenden Sportwettenmarkt.
Die britische Tennisspielerin Katie Boulter hat Hasskommentare gegen sich in den sozialen Medien öffentlich gemacht. Eine der Nachrichten, die die Weltranglisten-39. per Screenshots dem britischen Sender BBC vorlegte, hatte laut des Medienberichts den Inhalt: „Hoffentlich bekommst du Krebs.“ Auch Morddrohungen gegen Boulter und ihre Familie seien dabei gewesen.
Sie gehe jetzt damit an die Öffentlichkeit, weil solche beleidigenden und bedrohenden Inhalte zur Normalität geworden seien, begründete Boulter den Schritt. „Jedes Mal, wenn man sein Handy benutzt, wird es deutlicher“, sagte die 28-Jährige.
Es falle ihr immer schwerer, zwischen echter und nur vermeintlicher Gefahr zu unterscheiden. „Ich denke, es zeigt einfach, wie verletzlich wir sind“, sagte Boulter: „Man weiß nicht, ob diese Person vor Ort ist. Man weiß nicht, ob sie in der Nähe ist, oder ob sie weiß, wo man wohnt oder so etwas.“
Die Tennisspielerin vermutet hinter den Absendern größtenteils Leute, die auf ihre Matches Geld gewettet und dieses dann verloren hätten. „Was Morddrohungen angeht, möchte man das nicht direkt nach einer emotionalen Niederlage lesen“, sagte Boulter. Aber auch nach Siegen erhalte sie ähnliche Botschaften.
Tennis ist bei den Sportwetten die Nummer zwei
Der Sportwettenmarkt im Tennis hat in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum erlebt und sich als eine der wichtigsten Sportarten im Wettsegment etabliert. Tennis rangiert nach Fußball auf Platz zwei der beliebtesten Sportarten und macht etwa 17 Prozent aller Sportwetten aus.
Dieses Wachstum ist eng mit der Digitalisierung, der Verbreitung von Online-Wettplattformen und dem Trend zu Live-Wetten während der Spiele verbunden. Zudem sind die Einflussfaktoren bei einem Einzelsport überschaubarer als bei Mannschaftssportarten. Das macht die Analyse und Prognose für Zocker attraktiver.
Zuletzt hatten Stalking-Vorfälle um die frühere Weltranglisten-Erste Iga Swiatek und die einstige US-Open-Siegerin Emma Raducanu in der Tennis-Szene für Aufsehen gesorgt. Im Herbst 2023 hatte auch schon die Hamburgerin Eva Lys (23) Hass-Kommentare im Internet öffentlich gemacht und sie als „Realität einer Tennisspielerin“ beschrieben.
Die WTA setzt Künstliche Intelligenz ein
Die Tendenz habe sich durch ihren zunehmenden Erfolg nochmals verstärkt. „Dadurch, dass mehr Leute auf mich aufmerksam geworden sind und meine Matches öfter übertragen werden, hat es tatsächlich zugenommen“, berichtete die Australian-Open-Achtelfinalistin dem „Tagesspiegel“: „Ich glaube, es ist einfach wichtig, weiter darüber zu reden – in der Hoffnung, dass es irgendwann wieder weniger wird.“
Um die Spielerinnen im Internet besser zu schützen, führte die Profiorganisation WTA zu Beginn des vergangenen Jahres mit anderen Organisationen eine technologische Lösung ein. Künstliche Intelligenz soll Botschaften filtern. Rund 12.000 Posts und Kommentare, die die Regeln brechen, seien so zwischen Januar und Oktober 2024 entdeckt worden. 15 Konten seien an nationale Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet worden.
SUF mit dpa