Sport senkt Krebsrisiko – schon moderate Bewegung hilft

Stand: 23.06.2025 14:22 Uhr
| vom

Wer regelmäßig Sport treibt, senkt damit sein Krebsrisiko. Bei Krebspatienten mindern Bewegung und Muskelaufbau die Nebenwirkungen der Chemotherapie und das Rückfallrisiko – und sie bessern das Befinden.

Mindestens zweieinhalb Stunden moderate Bewegung oder mindestens 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Erwachsene. Das schaffen nicht viele Menschen. Dabei hilft regelmäßige Bewegung auf vielerlei Weise gegen Krebs: vorbeugend, unterstützend während einer Krebstherapie und in der Nachsorge, um einen Rückfall zu verhindern.

Das ist das Fazit umfassender Forschung aus den vergangen Jahren. Besonders gut belegt ist die Wirkung von Sport gegen Brust- und Darmkrebs. Aber auch für Gebärmutter- oder Speiseröhrenkrebs und Krebs an Magen, Niere oder Blase konnten positive Effekte nachgewiesen werden.

Nicht für alle Krebstypen scheint die vorbeugende Wirkung von Sport allerdings gleich stark auszufallen. Es wird intensiv weiter geforscht.

Spazieren, Radfahren, Schwimmen – gemäßigte Bewegung, aber regelmäßig

Einig sind sich Forschende darin, dass bereits gemäßigte Bewegung gesund hält, wenn sie regelmäßig ausgeführt wird – zügiges Gehen, leichtes Joggen, Schwimmen, Radfahren oder moderates Krafttraining zum Beispiel. Auch alltägliche körperliche Aktivität wie Gartenarbeit kann helfen, die Ausdauer zu verbessern und die Muskeln zu kräftigen.

Den Effekt von Alltagsbewegungen hat eine große britische Studie mit 85.000 Menschen nachgewiesen: Wer täglich 7.000 Schritte machte, hatte ein um elf Prozent niedrigeres Krebsrisiko als Menschen mit durchschnittlich 5.000 Schritten am Tag. Bei 9.000 Schritten sank das Risiko für eine Krebserkrankung sogar um 16 Prozent zur Vergleichsgröße 5.000 Schritte. Wie schnell die Teilnehmenden unterwegs waren, spielte laut Studie keine Rolle.

-

Bei der Behandlung von Krebs spielen Immuntherapien eine immer größere Rolle. Sie sollen das Abwehrsystem aktivieren.

Sport reduziert Nebenwirkungen der Krebstherapie so effektiv wie Medikamente

Nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft ist die Behandlung von Nebenwirkungen mit onkologischer Bewegungstherapie genauso erfolgreich möglich wie mit Medikamenten. Für den besten Effekt ist es dabei wichtig, die Bewegungstherapie je nach den Nebenwirkungen individuell auf jeden Krebspatienten zuzuschneiden.

Haben Krebs und Chemotherapie beispielsweise einen starken Gewichts- und Muskulaturverlust zur Folge (Kachexie), dann steht Muskelaufbau oder zumindest Muskelerhalt durch ein individuelles Krafttraining im Vordergrund. Brustkrebs-Patientinnen haben häufig Angst, ihren Körper zu belasten und trotz der empfindlichen Operationsnarben zu trainieren.

Brustkrebs: Aktive Patientinnen leider weniger unter Fatigue

Dosierte Bewegung reduziert typische Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Antriebslosigkeit durch Chemo-, Strahlen- oder antihormonelle Therapien. So konnten Wissenschaftler am Krebsforschungszentrum Heidelberg zeigen, dass körperlich aktive Brustkrebs-Patientinnen wesentlich weniger an Fatigue, also chronischer Erschöpfung, leiden.

Und auch Erkrankte, die palliativ behandelt werden oder nicht selbst aktiv trainieren können, profitieren von einer Bewegungstherapie. Ihnen kann eine Ganzkörper-Elektromyostimulation helfen. Bei der Elektromyostimulation (EMS) werden Elektroden an den Körper gelegt, elektrische Impulse aktivieren die Muskulatur.

Individuell angepasstes Training senkt Rückfall- und Sterberisiko

Auch das Rückfallrisiko bei Krebserkrankungen und die Überlebenswahrscheinlichkeit kann durch ein individuell angepasstes Krafttraining und moderate Bewegung positiv beeinflusst werden. Das zeigt eine aktuelle kanadische Vergleichsstudie, die knapp 900 Krebspatienten über acht Jahre beobachtete. Die Gruppe, die ein strukturiertes Trainingsprogramm absolvierte, hatte ein um 28 Prozent niedrigeres Risiko für ein Rezidiv (Wiederauftreten der Krankheit) oder den Tod im Vergleich zur passiven Gruppe.

Krebs: Positiver Einfluss von Sport auf die Psyche

Sport verbessert nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit, sondern hat auch einen positiven Einfluss auf die Psyche. Allein das Gefühl der Selbstwirksamkeit hat oft schon einen sehr starken Effekt: Das Selbstbewusstsein wird dadurch gestärkt und die Lebensqualität insgesamt gesteigert. Die Bewegung mindert Ängste und hellt die Stimmung auf.

Feste Trainingszeiten sorgen für eine Struktur im Alltag und lenken die Gedanken von der Krebserkrankung ab. Auch der Austausch mit Menschen, die das gleiche Schicksal teilen, kann sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken.

Vibrationstherapie gegen neurologische Nebenwirkungen

Sport und Entspannungsmethoden tragen dazu bei, dass Menschen eine Krebsbehandlung besser vertragen und seltener abbrechen. Hier kann individuelle Bewegungstherapie ansetzen. So etwa bei einer Polyneuropathie (Erkrankung der Nervenzellen mit Empfindungsstörungen), einer der häufigen Begleiterscheinungen der Chemotherapie. Bei Polyneuropathie in den unteren Extremitäten konnte eine Bewegungstherapie mit Vibrationsplatten nachweislich Erfolge erzielen.

Sport und Krebs: Myokine hemmen Entzündungen im Körper

Die biologischen Vorgänge, warum Sport unmittelbaren Einfluss auf Krebserkrankungen hat, sind noch nicht komplett erforscht. Das liegt vor allem daran, dass die Krebsentstehung ein komplexer Vorgang ist. Wissenschaftler vermuten, dass Bewegung entzündungshemmende Prozesse im Körper anstößt.

Laborstudien zeigen: Mit wachsender Muskelmasse schüttet der Körper mehr hormonähnliche Myokine aus. Das sind Botenstoffe, die an unterschiedlichen Körperzellen andocken und sie positiv beeinflussen: Je größer die Menge der Myokine, desto weniger Entzündung entstehen und desto langsamer wachsen Tumorzellen.

Sicher ist, dass Sport den Stoffwechsel anregt und dabei hilft, ein gesundes Körpergewicht zu halten. Wer Bauchfett reduziert, produziert auch weniger entzündungsfördernde Botenstoffe. Außerdem wird der Insulinspiegel gesenkt, das bremst die Zellteilung und das Wachstum auch von Tumorzellen.

Bei Frauen mit hormonabhängigen Tumoren wird messbar der Östrogenspiegel im Blut gesenkt. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Sport Reparaturmechanismen der Erbsubstanz verbessert.

Expertin und Experte aus dem Beitrag

Eine Faust springt aus einem Brokkoli und schlägt gegen eine Krebszelle.

Hilft Essen gegen Krebs? Man hört von Wundermitteln und -diäten. Manches ist nicht belegt, anderes sogar gefährlich.