SPD-Wahlkampf: „Ich weiß, wie Wahlkampf geht“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat auf der sogenannten „Wahlsiegkonferenz“ den Bundestagswahlkampf der der Sozialdemokraten eröffnet. „Die Zeiten sind ernst“, sagt er mit Verweis auf die vielfältigen aktuellen Krisen in der Welt. „In solchen ernsten Zeiten braucht unser Land ernsthafte Politik, keine Spieler und keine Zocker“, rief er den rund 500 Wahlkreis-Kandidatinnen und Kandidaten im Willy Brandt-Haus, der Berliner Parteizentrale der SPD, zu. Deswegen sei es notwendig gewesen, „dass ich Herrn Lindner vor die Tür gesetzt habe, deshalb war das richtig“, sagte er unter lautem Beifall.

Scholz versuchte auch, die Zweifel an seinem Erfolg angesichts der schlechten Umfragewerte zu zerstreuen. Auch beim letzten Mal hätten ihn viele schon abgeschrieben, sagte der Kanzler. „Ich weiß, wie Wahlkampf geht, da werden sich einige noch ganz schön wundern“, sagte er.

Scholz ging seine Mitbewerber um die Kanzlerschaft hart an. Die CDU habe keinen Plan für die großen Herausforderungen, wie etwa den Ausbau des Energiesystems oder die Bekämpfung des Fachkräftemangels, sagte er. „Da ist nichts“, behauptete Scholz. Dass CDU-Parteichef Friedrich Merz angekündigt habe, Windräder wieder zurückbauen zu wollen, weil sie hässlich seien und zurück zur Atomkraft wolle, der teuersten Energieform überhaupt, zeuge nicht von Wirtschaftskompetenz. 

„Kraft für Maß und Mitte“

Auch auf die Grünen sei kein Verlass, kritisierte Scholz. „Klimaschutz funktioniert nicht mit der grünen Brechstange, sondern nur, wenn die Leute mitkommen“, sagte er. „Dafür stehen wir als SPD, als Kraft für Maß und Mitte.“ Als zentrale Punkte seiner Politik nannte Scholz die Sicherung von Arbeitsplätzen. Wachstum wolle er durch mehr Investitionen erreichen. Um das zu stemmen, müssten Staat und Wirtschaft Hand in Hand arbeiten. Konkret schlug Scholz einen Deutschlandfonds vor, der mit hundert Milliarden Euro ausgestattet werden solle. „Wer im Februar die SPD wählt, kann sich darauf verlassen, wir bringen unser Land auf Vordermann“, versprach Scholz. 

Zuvor hatte Parteichef Lars Klingbeil die Partei auf einen schwierigen Wahlkampf eingestimmt. „Die Sozialdemokratie steht zusammen, aber vor allem: Die Sozialdemokratie ist hoch motiviert, was diesen Wahlkampf angeht“, sagte er. „85 Tage, das wird ein harter Ritt. Das wird uns fordern“, fügte er hinzu. „Und wenn die SPD etwas kann, dann ist das kämpfen: Wir sind eine Partei für die Aufholjagd, und das werden wir jetzt auch in den nächsten 85 Tagen zeigen.“

Kritik an Kanzlerkandidaten-Debatte in der SPD

Die Parteiführung hatte Scholz am vergangenen Montag als Kanzlerkandidaten nominiert. Vorausgegangen waren tagelange Spekulationen über eine mögliche Kandidatur des deutlich populäreren Verteidigungsministers Boris Pistorius. Dieser erklärte jedoch, er stehe nicht zur Verfügung. Kritik gab es in diesem Zusammenhang auch an der Parteiführung, weil sie die Debatte tagelang laufen ließ.

Offiziell bestätigt werden soll Scholz als Kanzlerkandidat bei einem SPD-Parteitag am 11. Januar. Dies gilt als Formsache. Dennoch könnte an dem Ergebnis ablesbar sein, wie viel Rückhalt Scholz in der SPD noch hat. Vor der vergangenen Wahl war er mit 96,2 Prozent der Stimmen nominiert worden. 

Die Chancen von Scholz, erneut ins Kanzleramt einzuziehen, scheinen derzeit angesichts von SPD-Umfragewerten zwischen 14 und 16 Prozent aber eher schlecht.  Etwa die Hälfte der 207 Mitglieder der Bundestagsfraktion muss derzeit um den Wiedereinzug in das Parlament fürchten. Auch im Vergleich zu seinen direkten Konkurrenten Friedrich Merz (CDU) und Robert Habeck (Grüne) schneidet Scholz schlecht ab. Könnte man den Kanzler direkt wählen, würden sich laut einer Forsa-Umfrage aus der vergangenen Woche 30 Prozent für Merz, 22 Prozent für Habeck und nur 13 Prozent für Scholz entscheiden. Für die Aufholjagd bleiben Scholz bis zur Wahl am 23. Februar nur noch 85 Tage.