
„Wir dürfen nicht zulassen, dass die heimische Wertschöpfung abwandert, weil internationale Regeln nicht mehr funktionieren“, heißt es in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden sechsseitigen Papier zur Stahlindustrie, das der SPD-Bundesvorstand am Montag beschließen soll. „In Deutschland und gemeinsam mit unseren europäischen Partnern wollen wir deshalb ein Maßnahmenpaket vereinbaren, das verstärkt auf ‚Buy European‘ setzt.“ Unterstrichen wird die strategische Bedeutung des Stahlsektors, weshalb Europa etwa für die Rüstungsproduktion nicht auf Importe aus anderen Weltregionen angewiesen sein dürfe.
Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil hatte bereits in einer europapolitischen Grundsatzrede am 24. September eine „strategische Industriepolitik“ und Abnahmevorgaben wie „Buy European“-Regeln vorgeschlagen. Das Stahl-Papier der SPD formuliert diesen Ansatz nun aus. Der Stahlsektor in Deutschland stehe unter einem gewaltigen Druck, obwohl die hiesigen Unternehmen hoch innovativ und international Vorreiter bei der Umstellung auf klimafreundliche Produktion seien, heißt es in dem Papier. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will im Oktober zu einem Stahlgipfel laden. SPD-Co-Chef Klingbeil hatte am Mittwoch Betriebsräte der Stahlbranche getroffen.
Gefordert wird, dass die EU-Kommission einen „robusten Handelsschutz“ durchsetzt. Zwar wird betont, dass Deutschland eigentlich offene Märkte brauche. Aber das Marktumfeld werde von staatlich subventionierten Überkapazitäten anderer Länder und handelspolitischen Verwerfungen dominiert. „Es geht hier nicht um Protektionismus, sondern um die Durchsetzung fairer Wettbewerbsregeln und europäischer strategischer Interessen.“ Es brauche schnell Klarheit über eine Nachfolgeregelung für die am 30. Juni 2026 auslaufenden Kontingent-Regelungen der EU für Stahlimporte.
Kurzfristig sollten zudem Handelsschutzinstrumente eingeführt werden, die die derzeitigen Importmengen signifikant reduzierten. „Im Kern bedarf es eines Zollkontingentsystems, das übermäßige Importmengen wirksam begrenzt und den Markt kontrolliert offenlässt“, heißt es. Die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene für ein gezieltes „Buy European“-Schema in strategischen Bereichen wie der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie oder dem Energiesektor einsetzen.