Spanische Radrundfahrt: Letzte Vuelta-Etappe wegen propalästinensischer Proteste abgebrochen

Die letzte Etappe des Radrennens Vuelta a España ist wegen propalästinensischer Proteste abgebrochen worden. „Aufgrund der Proteste in Madrid wurde das Rennen früher als geplant
beendet“, teilten die
Organisatoren mit. Einen Etappensieger gab es nicht, der zuvor führende Däne Jonas Vingegaard wurde zum diesjährigen Vuelta-Sieger erklärt. Die Siegerzeremonie für ihn fiel aber „aus Sicherheitsgründen“ aus.

Acht Kilometer vor dem Ziel hatten Protestierende die
Absperrungen durchbrochen und die gesamte Straße besetzt. Knapp 60 Kilometer vor dem Ziel in der
spanischen Hauptstadt Madrid hatte eine Gruppe von Demonstrierenden zudem das Fahrerfeld blockiert. Die Menschen standen mit einem Banner
auf der Straße. Einige Fahrer versuchten, um die Gruppe herumzufahren. Das Hauptfeld kam zum Stehen. 

Organisatoren hatten den Schlussabschnitt in Madrid bereits im Vorfeld als
besonders gefährdet eingestuft. Aufgrund von Sicherheitsbedenken hatten
sie die größtenteils flache Etappe von Alalpardo
nach Madrid bereits von 111,6 auf 103,6 Kilometer verkürzt.

Polizei setzt Tränengas ein

Laut Behörden versammelten sich mehr als 100.000 Menschen zu dem propalästinensischen Protest in Madrid. Die Polizei, die nach eigenen Angaben mit 1.500 Kräften im Einsatz war, ging mit Gewalt gegen die Demonstrierenden vor und setzte dabei Tränengas ein. Laut Behörden gab es zwei Festnahmen. Auch in der Nähe des Bahnhofs Atocha durchbrachen Demonstrierende die
Barrieren. Dort setzte die Polizei ebenfalls Tränengas gegen die Menschen ein.

Die Vuelta war seit ihrem Start vor drei Wochen von propalästinensischen Protesten begleitet worden. Demonstrierende kritisierten vor allem Israels Vorgehen im Gazakrieg. Spanien war einer der ersten EU-Staaten, die 2024 Palästina als einen eigenständigen Staat anerkannten.

Demonstrierende kritisierten auch die Teilnahme des privaten Teams Israel–Premier Tech an der Vuelta. Was hinter den Kulissen passiert sein soll, beschrieb der
kanadisch-israelische Teambesitzer Sylvan Adams. Demnach habe ihn der
Chef des Vuelta-Organisators Unipublic gebeten, das israelische Team von der Rundfahrt zurückzuziehen. „Aber
ich habe ihm mitgeteilt, dass ich das nicht tun werde“, sagte Adams.

Vingegaard enttäuscht

Der sportliche Triumph von Vingegaard rückte dabei am Ende in den
Hintergrund. „Es ist schade, dass uns ein solcher Moment für die
Ewigkeit genommen
wurde“, sagte der Däne später, „ich bin wirklich enttäuscht darüber. Ich
habe mich darauf gefreut, diesen Gesamtsieg mit meinem Team und den
Fans zu feiern. Jeder hat das Recht, zu protestieren, aber nicht auf
eine Weise, die unser Rennen beeinflusst oder gefährdet.“ Es ist der
erste Triumph Vingegaards bei der Vuelta. Nach seinen beiden
Tour-de-France-Erfolgen (2022 und 2023) ist es der
dritte Triumph bei einer der drei großen Landesrundfahrten für ihn.

Das vorzeitige Ende der Rundfahrt sorgte in ganz Spanien für Debatten. Die oppositionelle Volkspartei PP sprach von einer
„internationalen Schande“, für die Regierungschef Sánchez verantwortlich
sei.

Spanische Regierung unterstützt die Proteste

Dessen Arbeitsministerin Yolanda Díaz vom Linksbündnis Sumar freute sich über den Abbruch: „Die spanische Gesellschaft hat der ganzen Welt eine Lektion erteilt, indem sie La Vuelta
lahmgelegt hat“, schrieb sie auf Instagram: „Israel darf an keiner
Veranstaltung teilnehmen, solange es weiterhin Völkermord begeht.“

Sánchez reagierte zunächst nicht auf den Abbruch,
hatte aber am Morgen bei einer Veranstaltung seiner Sozialistischen
Partei in Málaga seine „Bewunderung“ für die Demonstrierenden geäußert.
Sein Land, das Israel wegen des Kriegs im Gazastreifen immer wieder
scharf kritisiert, sei ein „Beispiel“ für die internationale
Gemeinschaft „bei der Verteidigung der Menschenrechte“.

Der israelische Außenminister Gideon Sa’ar nannte Sánchez und seine Regierung dagegen eine „Schande“ für ihr Land. Er warf dem spanischen Ministerpräsidenten vor, die Demonstranten „angestachelt“ zu haben.