
Bei einer flächendeckenden Tarifbindung in
Deutschland würden die Sozialkassen nach Berechnungen des Deutschen
Gewerkschaftsbunds (DGB) jährlich rund 41 Milliarden Euro mehr an Beiträgen einnehmen. Dieses Geld entgehe den Sozialversicherungsträgern
durch „Tarifflucht und Lohndumping“, schrieb der DGB in einer Broschüre, aus der die Nachrichtenagentur dpa zitierte.
Zuvor hatte das
RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) darüber berichtet. Hinzu kommen demnach Einnahmeausfälle bei der Einkommensteuer von jährlich 24 Milliarden Euro für Bund und Länder. Auf Basis einer Sonderauswertung der Verdiensterhebung des
Statistischen Bundesamts hatte der DGB die Zahl und die Verdienste der
nach Tarif und der nicht nach Tarif bezahlten Beschäftigten untersucht.
Millionen Menschen haben laut DGB ohne Tarifvertrag weniger Verdienst, als dies mit so einer
vertraglichen Basis wohl der Fall wäre. „Mit sinkender Tarifbindung
verschlechtern sich ihre Arbeitsbedingungen und Einkommensperspektiven“, hieß es in der Auswertung des Gewerkschaftsbunds.
Deutlich weniger Lohn
Konkret berechneten die DGB-Fachleute, wie hoch die Mehreinnahmen bei
Einkommensteuern und Sozialabgaben bei einer 100-prozentigen
Tarifbindung ausfallen würden. Zudem wurden die gesamten
Sozialversicherungseinzahlungen, Steuereinnahmen und das Gesamt-Netto
berechnet und mit der aktuellen Situation bei der Tarifbindung
verglichen.
Auch die Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leidet laut DGB unter der mangelnden Tarifbindung. Wären für alle Beschäftigten Tarifverträge gültig, würden diese demnach pro Jahr rund 58 Milliarden Euro mehr verdienen. Im Durchschnitt verdienen Beschäftigte ohne Tarifvertrag laut DGB jährlich 2.891 Euro netto weniger als Tarifbeschäftigte. Bei Beschäftigten im Osten ohne Tarifvertrag kommt der DGB sogar auf ein jährliches Netto-Minus von 3.451 Euro.
„Addiert man alle Kosten zusammen, also die Mindereinnahmen bei den Sozialversicherungen, dem Fiskus und im Geldbeutel der Beschäftigten, ergibt sich ein Schaden von 123 Milliarden Euro pro Jahr“, teilte der Gewerkschaftsbund mit. Dabei hätten sich die „Kosten der Tarifflucht“ im Vergleich zur vorherigen Auswertung von 2023 leicht von damals 130 Milliarden Euro verringert. Ein Grund sei eine „zaghafte“ Erhöhung der Tarifbindung in einigen Ländern, sagte der DGB.
Tarifverträge bringen bessere Chancen auf Aufträge
Die Bundesregierung hatte im August ein Gesetz für mehr Tarifbindung im öffentlichen Bereich auf den Weg gebracht. Bei Aufträgen des Bundes ab 50.000 Euro sollen Unternehmen den Plänen zufolge ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen müssen. Konkret bedeutet das, dass Firmen Entgelt, Weihnachtsgeld, Urlaub und Ruhezeiten wie in branchenüblichen Tarifverträgen gewähren müssten. Damit hätten Unternehmen, die sich an Tarifverträge halten, bessere Chancen auf Aufträge des Bundes.
