
Die
Bundesregierung streitet über das geplante Verbrenner-Aus ab 2035. Dabei geht
es nicht nur um Klimapolitik, sondern auch um soziale Gerechtigkeit: Wer trägt
die Kosten – und wer profitiert? In Deutschland instrumentalisieren
populistische Kräfte diese Debatte zunehmend, indem sie Klimaschutz als elitär
und unsozial darstellen. Sie bedienen Narrative über die Verteilungswirkungen,
schüren Ängste und werben so um Zustimmung.
Eine
aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt,
wie solche Narrative wirken. Wer Klimapolitik als ungerecht darstellt,
verstärkt klimapopulistische Einstellungen – also die Sichtweise, dass
Klimaschutz ein Projekt der Eliten sei, das zulasten der breiten Bevölkerung
geht. Klimapopulismus untergräbt die Akzeptanz notwendiger Maßnahmen.
Besonders
wirksam ist das Narrativ, Klimaschutz belaste vor allem einkommensschwache
Haushalte. In Ostdeutschland, bei Menschen mit sehr niedrigem Einkommen und bei
Wählerinnen und Wählern rechts der Mitte verfängt es am stärksten. Die Studie
macht deutlich: Klimapolitik wird entlang bestehender Bruchlinien
instrumentalisiert – und vertieft die gesellschaftliche Spaltung, wenn die
Politik nicht gegensteuert.
In
der Diskussion über das Verbrenner-Aus wird dies besonders deutlich. Kritiker
des Verbots argumentieren, der Umstieg auf Elektroautos sei Luxus für
Wohlhabende, während Geringverdienende ohne Alternative dastünden.
Die
wissenschaftlichen Fakten zeichnen jedoch ein anderes Bild. Der
Verbrennungsmotor ist eine Technologie, die im krassen Widerspruch zu den
vereinbarten Zielen des Klimaschutzes steht. Synthetische Kraftstoffe werden
dabei keine Alternative zu fossilen Kraftstoffen sein können.
Die
Entscheidung zum Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ist längst getroffen – und
zwar nicht in Deutschland, sondern in China, in den USA und anderen großen
Märkten. Am Verbrennungsmotor festzuhalten, wäre daher für die deutsche
Industrie kontraproduktiv, da sie auf eine Technologie wetten würde, die
bereits heute immer weniger nachgefragt und in zehn Jahren kaum mehr vorhanden
sein wird. Das Ende des Verbrennungsmotors ist also im Sinne der
Wettbewerbsfähigkeit und gehört zu einer klugen Industriepolitik in Deutschland
und Europa.
Ständige Kehrtwenden schaden nur
Hinzu
kommt ein weiteres institutionelles Argument: Die Regulierung
zum Verbrenner-Aus ab 2035 zurückzunehmen, würde das Vertrauen in die Politik in Deutschland
und Europa erheblich beschädigen. Wieder einmal würde ein gegebenes Versprechen
kassiert und eine Kehrtwende vollzogen. In einem solchen Umfeld können
Unternehmen keine verlässlichen Investitionsentscheidungen treffen. Der Schaden
für die deutsche Industrie würde sich weit über die der Automobilbranche
erstrecken.
Die
Argumente gegen das Aus des Verbrenners sind daher falsch und greifen zu kurz.
Es ist unbestreitbar, dass Klimaschutzmaßnahmen kurzfristig Kosten verursachen
können. Doch die entscheidende Frage ist, wie diese Kosten verteilt werden.
Klimaschutzmaßnahmen schaffen soziale Akzeptanz, wenn sie Menschen mit wenig
Einkommen entlasten und solche, denen die Anpassung an grüne Technologien schwerfällt.
Ein
Beispiel dafür ist das Konzept des Klimageldes, bei dem Einnahmen aus CO₂-Abgaben gezielt an die Bevölkerung
zurückgegeben werden, um die sozialen Auswirkungen abzufedern. Richtig
ausgestaltet stärkt es die Kaufkraft derjenigen, die besonders unter höheren
Energiepreisen leiden, und erhöht das Vertrauen, dass Klimapolitik fair ist.
Wichtig ist jedoch, dass solche Maßnahmen nicht nur als Alibi dienen, sondern wirken
– spürbar für die Menschen.
Es ist nicht zielführend, Klimageld zu
verteilen, wenn gleichzeitig die CO₂-Preise
so hoch sind, dass sie für die breite Bevölkerung eine Belastung darstellen.
Symbolpolitik reicht nicht – sonst werden Vorwürfe der Ungerechtigkeit zur
selbsterfüllenden Prophezeiung, denn populistische Parteien profitieren stark
von Protestwählern und -wählerinnen.
Die
Diskussion über das Verbrenner-Aus ist damit ein Test, ob Klimaschutz sozial
gerecht gestaltet werden kann. Wenn die Politik es versäumt, soziale Härten
abzufedern und Chancen klar zu kommunizieren, überlässt sie das Feld den
Populisten und gefährdet die ökologische und ökonomische Zukunft Deutschlands. Wie
ein kluges und sozial ausgewogenes Klimageld funktionieren kann, hat vor Kurzem
eine Studie des DIW Berlin gezeigt. Sie schlägt vor, auch regionale
und soziale Unterschiede stärker in den Mittelpunkt der Ausgestaltung zu
stellen.
Eines
ist klar: Klimaschutz wird nur dann erfolgreich sein, wenn er nicht als
Belastung, sondern als gemeinsames Projekt wahrgenommen wird. Wer Klimapolitik
als Klassenkampf von oben brandmarkt, gefährdet am Ende nicht die Eliten,
sondern die Chancen der vielen. Gerecht gestaltete Politik schützt Klima und
Wohlstand zugleich – alles andere wäre ein Geschenk an den Populismus.
