Sonne, Mond und Sterne auf Ibiza

Sonne, Mond und Sterne – in Ibiza strahlen und leuchten sie um die Wette. „Heute haben wir ein Date mit dem Mond“, kündigt Etienne verheißungsvoll an. Die drahtige Frau im Wanderoutfit führt die kleine Gruppe vom abgelegenen Strand Pou des Lleó über einen Schotterweg durch ein bewaldetes Gebiet Richtung Ostküste. Ein typisch mediterraner Duft liegt in der Luft. „Der kommt von den Pflanzen, die hier wachsen“, sagt die zertifizierte Führerin von Ibiza Outdoors, einem Veranstalter für geführte Touren.

Sie zeigt den Reisenden aus Deutschland, was hier so alles gedeiht. „Der wichtigste Baum ist der Phönizische Wacholder, die Einheimischen nennen ihn Sabina.“ Er gelte als „der heilige Baum von Ibiza“. Er komme als Strauch und als Baum vor, bis zu rund fünf Meter hoch. Sein Holz sei sehr hart, früher wurde es beim Bau der traditio­nellen Fincas benutzt, vor allem für die Dächer. „Daneben dominieren hohe, ausladende Pinien und Aleppokiefern die Landschaft, außerdem sind Holunder, Zistrosen und Kräuter wie Rosmarin und Thymian vertreten“, erzählt Etienne.

Der Weg endet am mächtigen Torre d’en Valls, auch bekannt als Torre de Campanitx. Er ist einer von sieben Wehrtürmen auf Ibiza, diente früher zur Verteidigung der Insel gegen Piraten. Etienne steuert durch Sträucher und Gestrüpp auf eine unbewachsene Stelle an der Küste mit freiem Blick nach Osten zu. „Von hier aus lässt sich der Mond wunderbar beobachten, er dürfte etwa in der Mitte der Insel Tago­mago auftauchen.“ Es wird immer dunkler, Etienne verteilt Kopflampen und zieht ein Manuskript aus ihrem Rucksack. Es folgt ein leidenschaftlicher Vortrag über den Mond und die Erde, beides ursprünglich absolut lebensfeindliche Feuerbälle, über die Entstehung der Ozeane, erstes Leben im Meer und später Leben an Land. Die Gruppe hört gebannt zu. Dann lugt er hervor. Erst schemenhaft zart und rosa. Steigt höher, wird heller und ist dann komplett zu sehen. Der Vollmond leuchtet wie eine orange Lampe am Himmel, wirft sein warmes Licht auf die Felsen der Insel. Und später sein inzwischen weißes Licht auf das Meer, das silbern in der Nacht glänzt.

Nach der faszinierenden Begegnung mit dem Himmelskörper steht am nächsten Tag ein Date mit Maria an. Es ist ein sonniger, warmer Tag außerhalb der Hochsaison. Maria Mari ist auf Ibiza geboren und hat 2009 im Hinterland der Ostküste zusammen mit ihrer Familie die ökologische Finca Can Muson gegründet. Das Anwesen mit dem alten Bauernhaus und dem großen Gelände sei rund 400 Jahre alt und gehöre der Familie in der fünften Generation, erzählt die rüstige Maria. Hier ist immer was los. Vor allem Familien mit Kindern fühlen sich wohl. Denn die Finca ist nicht nur ein Laden mit vielen frischen Produkten und ein Open-Air-Restaurant mit Strohdächern, in dem man frühstücken oder zu Mittag essen kann. Sie ist auch ein Erlebnisort, Streichelzoo und nicht zuletzt Schulbauernhof. Ihre Liebe zu Tieren habe sie veranlasst, neben dem Anbau von Bio-Gemüse und -Obst auch mit der Viehzucht zu beginnen, erzählt Maria. Mit Erfolg. Kinder, die mit ihren Eltern zum Einkaufen in den Laden kamen, hätten sich für die vielen Tiere, darunter Hühner, Enten, Ziegen, Schweine und Esel, interessiert und wollten mehr erfahren. Maria schloss Partnerschaften mit Schulen und heute sind hier regelmäßig Schulklassen zu Besuch, lernen, wie man gesundes, natürliches Gemüse und Obst anbaut und wie die Tiere hier leben und gefüttert werden.

Der Torre d’en Valls und die Finca Can Muson gehören zum Gemeindebezirk Santa Eulària des Riu, einem von fünf Bezirken der drittgrößten Insel der Balearen. Ibiza ist nach wie vor als Party-Insel mit angesagten Clubs bei Touristen beliebt. Doch das hügelige Eiland hat deutlich mehr zu bieten. Die biologische Vielfalt und Kultur von Ibiza wurde 1999 zum Welterbe erklärt. „Unser Ziel ist es, den nachhaltigen Tourismus zu fördern und die Gäste mehr für die Nebensaison zu interessieren“, sagt Jose Planells, Tourismus-Leiter der Region Santa Eulària des Riu. Man wolle Individualtouristen und auch Familien mit Kindern ansprechen. Dazu gehören Angebote wie die Finca Can Muson und spezielle Aktivitäten wie eine Vollmond- oder Sternenwanderung. Letztere kann man zum Beispiel am einzigen Fluss der Insel unternehmen, am Riu de Santa Eulària. Von der Mündung am Ende des Platja des Riu de Santa Eulària geht es landeinwärts an der Alten und der Neuen Brücke vorbei. Wenn das Wetter mitspielt, kann man den Sternenhimmel über Ibiza bewundern. Am besten mit Etienne, denn die Gästeführerin kennt sich auch mit den Sternen sehr gut aus.