„Sommermärchen“-Prozess: DFB soll 270.000 Euro Geldstrafe zahlen

Stand: 23.06.2025 16:19 Uhr

Die Forderung glimpflich, die Auswirkung millionenschwer: Der DFB soll für den Sommermärchen-Skandal eine Strafe in Höhe von 270.000 Euro zahlen.

Diese weitreichende Verurteilung zu einem Bußgeld verlangte die Staatsanwaltschaft am Montag bei ihrem Plädoyer im seit März 2024 andauernden Prozess um die dubiosen Zahlungsflüsse rund um die WM 2006. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main nach 33 Verhandlungstagen wird am Mittwoch gefällt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem DFB vor, rund 2,7 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben und sieht einen „besonders schweren“ Fall. „Wir haben es hier nicht mit einem Kleingartenverein zu tun, sondern mit dem größten Sportvorband der Welt“, sagte Oberstaatsanwalt Jesco Kümmel beim Rückblick auf das mittlerweile knapp zehn Jahre dauernde Gesamt-Verfahren: „Der DFB hat sich nicht sonderlich mit Ruhm bekleckert und mehr als unglücklich agiert.“

DFB fordert Freispruch und hofft auf Geld

Die DFB-Verteidiger wiesen den Vorwurf der vorsätzlichen Steuerhinterziehung in ihrem Plädoyer vehement zurück und forderten einen Freispruch. „Es ist kein fiskalischer Schaden eingetreten. Es kommt darauf an, dass es eine Betriebsausgabe war, die steuerlich abzugsfähig ist“, sagte DFB-Anwalt Jan Olaf Leisner: „Der DFB hat massiv und jahrelang unter diesem Verfahren gelitten.“

Die Argumentation der DFB-Verteidigung hat einen guten Grund: In der Folge des Skandals war dem Verband rückwirkend die Gemeinnützigkeit aberkannt worden, 22 Millionen Euro musste der DFB an Steuern nachzahlen. Der Verband will vor dem Finanzgericht Kassel um die Rückerstattung seiner Steuernachzahlung kämpfen. Eine Verurteilung durch das Landgericht wäre ein Rückschlag. Zur Sicherheit hat der DFB auch seinen Ex-Präsidenten Theo Zwanziger verklagt, um möglichen Schadenersatz verlangen zu können.

Schmiergelder in Millionenhöhe

In ihren Stellungnahmen hatte Richterin Eva-Marie Distler zuletzt kaum Zweifel daran gelassen, dass der DFB vor einer Bestrafung steht. Von den anfangs drei Beschuldigten sitzt in der finalen Phase des Prozesses niemand mehr auf der Anklagebank. Die Verfahren gegen die drei ehemaligen DFB-Spitzenfunktionäre Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt wurden gegen die Zahlung von Geldstrafen eingestellt. Zwanziger musste 10.000 Euro zahlen, Niersbach 25.000 Euro, Schmidt 65.000 Euro.

Für das Gericht steht längst fest, wofür die ominösen 6,7 Millionen Euro, die vom DFB als Ausgabe für eine nie stattgefundene WM-Gala deklariert worden waren, verwendet wurden: Demnach handelte es sich um eine von WM-Chef Franz Beckenbauer im DFB-Dienst veranlasste Schmiergeldzahlung an korrupte Mitglieder der damaligen FIFA-Finanzkommission um Mohamed bin Hammam. So wollten sich die damaligen DFB-Spitzenfunktionäre den am Ende gewährten WM-Zuschuss des Weltverbands in Höhe von 170 Millionen Euro sichern.

„Viele Protagonisten und Zeugen haben sich auf Erinnerungslücken bezogen“

Die 6,7 Millionen wurden 2005 vom deutschen Organisationskomitee (OK) über die FIFA an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Louis-Dreyfus an bin Hammam nach Katar geflossen. Der DFB verbuchte dies im Jahr 2006 als Betriebsausgabe.

Kümmel würdigte am Montag die Arbeit der Ermittler. „Wir haben dafür gekämpft, dass Sachaufklärung betrieben wird. Die Steuerfahndung und die Staatsanwaltschaft mussten zahlreiche Widerstände überwinden“, sagte der Chef-Ankläger: „Uns wurde der Vorwurf gemacht, wir hätten das Sommermärchen kaputtgemacht. Viele Protagonisten und Zeugen haben sich auf Erinnerungslücken bezogen.“