Solidaritätszuschlag bleibt: Große Enttäuschung für Unternehmen und Steuerzahler


Solidaritätszuschlag bleibt

Große Enttäuschung für Unternehmen und Steuerzahler

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Das Bundesverfassungsgericht hält den Solidaritätszuschlag, kurz Soli genannt, für grundgesetzkonform. Für Unternehmen, Steuerzahler, aber auch für Anleger bedeutet das eine schlechte Nachricht.

Unternehmen müssen weiterhin zusätzlich 5,5 Prozent der Körperschaftsteuer als Solidaritätszuschlag an das Finanzamt abführen. Dies gilt für alle Kapitalgesellschaften, also vor allem für Aktiengesellschaften, aber auch für GmbHs und UGs, bei denen es sich nicht selten um kleine Familienbetriebe handelt. Die Steuerbelastung deutscher Unternehmen bleibt damit international nicht wettbewerbsfähig. Zudem leiden sie bereits unter den hohen Energie- und Lohnkosten. Hier wäre eine gewisse Entlastung durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags wünschenswert gewesen.

Steuerexperte Michael Bormann

Steuerexperte Michael Bormann

(Foto: Michael Bormann)

Außerdem müssen Besserverdienende 5,5 Prozent Soli auf die Einkommensteuer zahlen. Diese zusätzliche „Reichensteuer“ mag unter Verteilungsgesichtspunkten noch nachvollziehbar sein. Der Solidaritätszuschlag auf Kapitalerträge ist es kaum. Den Bürgern wird immer wieder dringend empfohlen, sich nicht ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung zu verlassen, sondern parallel auch privat für das Alter vorzusorgen. Genau dies konterkariert der Soli. Denn neben der Abgeltungsteuer von 25 Prozent müssen Anleger zum Beispiel auf Dividenden und realisierte Kursgewinne weiterhin zusätzlich 5,5 Prozent Soli an das Finanzamt abführen.

Gerichtsurteil nur schwer nachvollziehbar

Die obersten Verfassungsrichter begründeten ihr Urteil damit, dass durch die Wiedervereinigung Deutschlands weiterhin ein finanzieller Mehrbedarf bestehe. Allerdings ist Ende 2019 der sogenannte Solidarpakt II ausgelaufen. Dadurch sollte die Infrastruktur und die Wirtschaft in Ostdeutschland gefördert werden. Der Wegfall dieser Transferleistung von Bund und Ländern bedeutet im Prinzip nichts anderes, als dass der Aufbau Ost als abgeschlossen betrachtet werden kann. Das Bundesverfassungsgericht sieht das offenbar anders.

Ganz überraschend kommt die Entscheidung aus Karlsruhe allerdings nicht. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits Anfang 2023 entschieden, dass der Solidaritätszuschlag für die Jahre 2020 und 2021 rechtmäßig sei.

Bund kann aufatmen

Einer wird sich über die Entscheidung der obersten Verfassungsrichter besonders freuen: der künftige Finanzminister. Denn ihm fließen in diesem Jahr voraussichtlich knapp 13 Milliarden Euro aus dem Soli zu, die bereits fest eingeplant sind. Ein Wegfall hätte ihn in arge Bedrängnis gebracht. Noch schlimmer wäre es gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht den Solidaritätszuschlag seit der Klage von sechs FDP-Politikern im Jahr 2021 rückwirkend für verfassungswidrig erklärt hätte. Dann hätte der Bund rund 65 Milliarden Euro an die Steuerzahler zurückzahlen müssen.

Ein Hoffnungsschimmer bleibt aber noch. Schon der Bundesfinanzhof war zu dem Schluss gekommen, dass eine Ergänzungsabgabe nicht dauerhaft erhoben werden dürfe. Der Bund muss sich dauerhaft über Steuern finanzieren. Doch beim Solidaritätszuschlag handelt es sich um eine Ergänzungsabgabe. Dieser Einschätzung hat sich nun auch das Bundesverfassungsgericht angeschlossen.

Der Solidaritätszuschlag wurde 1991 zunächst befristet für ein Jahr eingeführt. Seit 1995 erhebt der Fiskus die Ergänzungsabgabe ununterbrochen bis heute, also seit nunmehr 30 Jahren. Von einer befristeten Abgabe kann also kaum die Rede sein. Bereits 2021 hatte die damalige Bundesregierung den Solidaritätszuschlag zumindest für rund 90 Prozent der Steuerzahler abgeschafft. Seitdem müssen ihn nur noch Besserverdienende, Unternehmen und Anleger zahlen.

Dr. Michael Bormann ist Steuerexperte und seit 1992 Gründungspartner der Sozietät bdp Bormann Demant & Partner bdp-team.de. Schwerpunkte seiner Tätigkeiten sind neben Steuern die Bereiche Finanzierungsberatung sowie das Sanierungs- und Krisenmanagement bei mittelständischen Firmen.