
Sie musste raus, immer. Raus aus dem Lärm der Stadt, weg von den Menschenmassen, ihren Maschinen und Motoren, dahin, wo sie „die Welt atmen hören“ konnte. „Stille“, hat Sofia Gubaidulina mal in einem Interview gesagt, „ist für mich die Voraussetzung, um Musik schreiben zu können.“ Allerdings meinte sie damit kein verschlossenes Zimmer im Turm. Sie wollte sich nicht abkapseln, sie wollte sich verbinden. Mit dem Universum, mit Gott, mit dem Unbewussten, drunter hat sie’s nicht gemacht. Zum Glück. Denn so scheinen ihre Ästhetik und Architekturen über die Jahrzehnte die Sprache der Natur gewissermaßen sprechen und übersetzen gelernt zu haben. Gerne bemühte Gubaidulina selbst den Vergleich, ihr Werk nicht zu bilden, sondern vielmehr zu züchten, zu kultivieren: Irgendwo in der Erde ihres Geistes keimte demnach ein Samen, den sie goss, sonnte, düngte. „Die Welt, die ich um mich herum wahrnehme, bildet die Wurzeln eines Baums“, sagte sie, „und die Kompositionen sind seine Zweige und Blätter.“