

Dass Tischler Hanspeter Ziereisen im Markgräflerland neben außergewöhnlichen Rot- und Weißweinen auch Schaumwein erzeugt, also Sekt, ist selbst vielen Weinprofis nicht geläufig. Und das ist, zumal zum Jahresende, unsere Chance. Denn der Sekt, dessen Name Ziereisens eigener in freier französischer Übersetzung ist, ist in vielerlei Hinsicht erstaunlich.
Zunächst der Name: Jean-Pierre Décofer – darauf muss man auch erst mal kommen. Aber ein Ziereisen schreckt eben vor nichts zurück. Einmal hat er mir nach der Probe zu später Stunde eine selbst gefertigte Zigarre angeboten. Und, ja, sie glühte sogar, und das gar nicht mal schlecht. Und sein Sekt?
Ziereisen will nicht Standard
Der leuchtet in rötlich schimmerndem Gold, ist aber ein Rosé Brut. Also keine blasse oder intensive Lachsfarbe. Womöglich hatte der Wein diese Farbe mal, nach einigen Wochen der alkoholischen Gärung. Aber Ziereisen will nicht Standard. Daher lässt er seinen Grundwein nicht nur über den Winter gären wie die meisten Schaumweinerzeuger zwischen Champagne und Franciacorta, sondern über drei volle Jahre. Und zwar im traditionellen Holzfass. Da verliert jeder Wein an Farbe, weil der zarte Luftaustausch eben „älter“ macht: Rotweine blasser, Weißweine farbintensiver, goldener. Und Rosés? Eben, etwas dazwischen.
Zu den drei Jahren im Fass kommen bei diesem Brut Rosé noch sieben Jahre auf der Flasche hinzu. Wie regelmäßige Leser dieser Kolumne längst gelernt haben, wird hier erst der Wein zum Schaumwein promoviert, da er auf der Flasche eine zweite Gärung durchläuft, deren Resultat die Bläschen sind, die nicht entweichen können und sich dann beim Einschenken kurz zur Schaumkrone auftürmen, bevor sie dann vom Glasboden aufsteigen wie nicht enden wollende Perlenketten. Je kleiner die Perlen, desto feiner der Sekt. Normale Sekte reifen neun Monate, Jahrgangssekte mindestens drei Jahre auf der Flasche. Aber sieben? Das tun selbst teure Prestige-Champagner wie der Roederer Cristal nicht, dem in der Regel sechs Jahre Reife geschenkt werden. Beim Sektgut Raumland in Rheinhessen gibt es sogar Schaumweine, die zehn und zwölf Jahre auf der Hefe gelegen sind, aber keiner von diesen Schaumweinen war davor so lange im Fass wie der Décofer Brut Rosé.
Vollmundig und elegant
Alles in allem gewinnt Ziereisens Wein durch das Altern genau jene Komplexität, die große Weine auszeichnet. Der NV Rosé Brut Jean-Pierre Décofer No. 8 (Preis ab Weingut: 32,50 Euro), aus der Rebsorte Regent gewonnen, kommt mit genusstauglichen 12,5 Prozent Alkohol daher. Sein Bouquet erinnert an braunen Apfel, Hagebutte und Brioche, zeigt Nuancen von Jod und Comté und Morbier-Käse. Er ist vollmundig und elegant, mit cremiger Textur und zarter, aber animierend frischer Säure und stimulierender Salzigkeit ausgestattet, welche die Intensität und Fülle dieses Sekts in ein schlankes, aber nachhaltiges Finish führt. Der fein schäumende Wein ist perfekt gereift und ein ausgewachsener Sekt zum Essen, ob nun zum Käse oder zum Wild, zu Pilzen, Morcheln oder Maronen oder auch Trockenblumen und -kräutern.
Es ist übrigens nicht die achte Edition dieses Weines, sondern die allererste. Also warum No. 8? „Weil Nummer 1 irgendwo doof klingen würde“, sagt Gemahlin Edeltraud Ziereisen. „Zudem soll die ‚8‘ in China eine Glückszahl sein.“
Na denn: Glück können wir alle gut brauchen. Gerade jetzt und auch im neuen Jahr!
