So geht es Deutschlands Rentnern


So geht es Deutschlands Rentnern

Claudia Bothe und Britta Beeger

3. Dezember 2025 · Deutschland diskutiert über die gesetzliche Rente, die Regierung ringt um Reformen. Doch wie hoch sind eigentlich die Renten, wann gehen die Menschen in den Ruhestand – und wie viel muss der Staat zuschießen? Ein Überblick in Grafiken auf ein System unter Druck.

Rund 2

Erwerbstätige finanzieren einen Rentner.

21,7 Jahre

beziehen die Deutschen im Schnitt Rente.

121 Mrd. €

muss der Bund im Jahr 2025 zuzahlen.

64,1 Jahre

beträgt das Eintrittsalter im Schnitt.

Quellen: Deutsche Rentenversicherung, OECD

Die gesetzliche Rente ist die wichtigste Altersversorgung der Deutschen. Andere Alterssicherungssysteme wie beispielsweise die Beamtenpensionen sowie die Betriebsrenten machen zusammen knapp ein Viertel der Einkommensquellen der über Fünfundsechzigjährigen aus. Nur gut sechs Prozent setzen auf eine private Vorsorge.

Allerdings klafft eine enorme Lücke zwischen den Beiträgen und den Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung. 2024 beliefen sich die direkten Zuschüsse des Bundes zur gesetzlichen Rentenversicherung auf knapp 88 Milliarden Euro. Zusätzlich zahlte der Bund 29 Milliarden Euro für den Defizitausgleich der Knappschaft, die Beiträge für Kindererziehungszeiten sowie weitere Erstattungen. In den vergangenen zehn Jahren sind die Zuzahlungen des Staates um etwa 33 Milliarden Euro gestiegen. In diesem Jahr werden aus dem Bundeshaushalt voraussichtlich rund 121 Milliarden Euro an die Rentenkasse fließen.

Schon lange ist deshalb klar: Um die gesetzliche Rente langfristig finanzieren zu können, sind Reformen nötig. Viele Ökonomen plädieren dafür, die „Rente mit 63“ abzuschaffen und das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln. Als Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) vor einiger Zeit im F.A.Z.-Interview sagte, es könne „auf Dauer nicht gut gehen, dass wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen“, bekam sie allerdings selbst aus der eigenen Partei Widerstand. 

Union und SPD setzen mit ihrem geplanten Rentenpaket erst einmal andere Prioritäten: Das Rentenniveau soll bis zum Jahr 2031 auf 48 Prozent festgeschrieben, die Mütterrente ausgeweitet werden. Mit grundlegenden Fragen und Reformvorschlägen soll sich zunächst eine Rentenkommission befassen.

Wie steht es derzeit um Rentenniveau und Beitragssatz? Also: Was bekommen die Deutschen an Rente – und wie viel zahlen sie ein?

Zunächst einmal: In Deutschland sind die Renten an die Entwicklung der Löhne gekoppelt. Zahlreiche andere Länder, darunter Frankreich, Spanien, Italien und die USA, orientieren sich hingegen an der Preisentwicklung. In den baltischen Staaten ist es eine Kombination aus beidem. Rentenanpassungen können in diesen Ländern somit auch negativ ausfallen. In Deutschland verhindert die sogenannte Rentengarantie, dass die Renten sinken.

Darüber hinaus wurde schon im Jahr 2019 von der großen Koalition unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Haltelinie eingeführt. Sie legt fest, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent absinken darf. Diese Kenngröße gibt die Durchschnittsrente nach 45 Beitragsjahren im Verhältnis zum Durchschnittslohn an. Das Rentenniveau soll nun bis zum Jahr 2031 weiter bei 48 Prozent bleiben – so der Plan von Union und SPD. 

Was nach 2031 geschieht, war bis zuletzt umstritten. Junge Abgeordnete von CDU und CSU lehnen Teile der aktuellen Rentenpläne von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) ab, wonach 2032 auf dem erhöhten Rentenniveau angesetzt werden soll. Die damit verbundenen Mehrkosten werden auf 120 Milliarden Euro bis zum Jahr 2040 geschätzt. Auch eine Reihe renommierter Ökonomen kritisierte den Gesetzesentwurf zuletzt als wenig nachhaltig.

Der Beitragssatz für die gesetzliche Rentenversicherung wiederum beträgt derzeit 18,6 Prozent der beitragspflichtigen Einkommen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen jeweils die Hälfte. Bis zum Jahr 2027 kann der Beitragssatz laut dem aktuellen Rentenversicherungsbericht unverändert bleiben. Danach steigt er zunächst auf 19,8 Prozent im Jahr 2028 und dann weiter auf 20,1 Prozent bis zum Jahr 2030. Für das Jahr 2039 wird der Beitragssatz auf 21,2 Prozent geschätzt.

Die Ausgaben für das Rentensystem in Deutschland beliefen sich im Jahr 2023 im Durchschnitt auf 9,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) berechnet hat. Damit liegt Deutschland gut einen Prozentpunkt unter dem EU-Durchschnitt, aber über Nachbarländern wie den Niederlanden oder Belgien. Insgesamt entfällt laut der Studie des IW Köln rund die Hälfte der Sozialausgaben in Deutschland auf die Alterssicherung.

Allein mit der gesetzlichen Rente müssen sich viele Menschen im Alter jedoch finanziell einschränken. Denn die Deutschen müssen im Ruhestand durchschnittlich mit nur rund 53 Prozent ihres vorherigen Nettolohns auskommen. Bei den Ruhestandseinkommen, gemessen in der Nettorentenersatzquote, liegt Deutschland damit klar unter dem OECD-Durchschnitt. Die Nettorentenersatzquote gibt das Verhältnis zwischen Rente und vorherigem Lohn an und misst damit, inwiefern der Lebensstandard im Ruhestand gehalten werden kann.

Finanziell am besten abgesichert sind laut den OECD-Daten Rentner in Portugal und den Niederlanden. Denn anders als in Deutschland ist das Rentensystem in den Niederlanden breiter aufgestellt. Es setzt sich aus zwei Säulen zusammen – der staatlichen und der betrieblichen Altersvorsorge. Dadurch können wesentlich höhere Rentenbezüge von durchschnittlich mehr als 90 Prozent des vorherigen Nettolohns ausgezahlt werden.

Wer möglichst früh in Rente gehen will, kann das in Deutschland ab 63 Jahren tun – allerdings mit Abschlägen. Das reguläre Eintrittsalter liegt für eine Person, die im Jahr 2024 nach ununterbrochener Berufslaufbahn in den Ruhestand ging, bei 66 Jahren und zwei Monaten. Tatsächlich beginnen die Deutschen im Schnitt aber schon gut zwei Jahre früher ihren Ruhestand und damit vor den Menschen in Ländern wie Schweden, den Niederlanden oder den USA.

Weil die Deutschen immer älter werden, wird das Renteneintrittsalter aber bis zum Jahr 2031 schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Damit hätte Deutschland im internationalen Vergleich ein recht hohes Renteneintrittsalter.

Besonders langjährig Versicherte können nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen. Im Jahr 2023 machte diese Gruppe knapp ein Drittel aller Rentenzugänge aus. Die sogenannte Rente mit 63“ gibt es in ihrer eigentlichen Form aber inzwischen nicht mehr, da sich auch hier das Renteneintrittsalter schrittweise nach oben verschiebt. Für den Jahrgang 1959 liegt das abschlagsfreie Renteneintrittsalter nach 45 Jahren nun bei 64 Jahren und zwei Monaten.

Für andere ist ein früherer Renteneintritt hingegen keine Option. Rund 13 Prozent der Deutschen sind auch nach dem Renteneintritt weiter erwerbstätig. Damit entspricht Deutschland dem EU-Durchschnitt. In den skandinavischen Ländern liegt der Anteil mit rund 40 Prozent in Schweden und Norwegen deutlich höher. 

Der Hauptgrund, im Alter weiterzuarbeiten, ist für die meisten Deutschen die finanzielle Notwendigkeit. Mehr als jeder Dritte der berufstätigen Rentner will oder muss sich im Alter etwas dazuverdienen. Knapp 30 Prozent haben Freude daran, ihre Arbeit weiter auszuüben. Für knapp sieben Prozent sind die sozialen Kontakte ein wichtiger Grund, weiter am Erwerbsleben teilzuhaben.

Schaut man genauer darauf, wer die Menschen sind, die auch im Rentenalter noch arbeiten, sind das in erster Linie gut ausgebildete Arbeitskräfte. Denn gerade Bürotätigkeiten lassen sich auch in höherem Alter weiter ausüben. Darüber hinaus arbeiten Selbständige gut doppelt so häufig wie Angestellte im Alter von 65 Jahren und mehr – besonders dann, wenn sie auch Verantwortung für Mitarbeiter tragen. 

Am höchsten ist die Zahl der Erwerbstätigen im Rentenalter im Einzelhandel und im Gesundheitswesen. Aber auch Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer arbeiten oft länger. 

Bei der durchschnittlichen Rentenhöhe zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Gründe für die geschlechterspezifische Rentenlücke sind häufiger unterbrochene Erwerbsbiographien von Frauen durch Familienplanung und die Pflege von Angehörigen. Frauen zahlen dadurch oft weniger Jahre in die Rentenkasse ein und haben dementsprechend geringere Rentenansprüche am Ende ihres Berufslebens – im Schnitt 30 Prozent weniger. Während sich die Bruttorente im Jahr 2024 für Männer auf 1543 Euro belief, erhielten Frauen nur 1081 Euro. Rund jede fünfte Rentnerin ist armutsgefährdet.

Gleichzeitig werden die Menschen in Deutschland immer älter. Das ist zunächst einmal eine gute Nachricht. Männer werden im Schnitt 78, Frauen 83 Jahre alt. Jedoch bedeutet das auch, dass die Deutschen immer länger Rente beziehen. Während Rentnerinnen und Rentner im Jahr 1960 nur knapp zehn Jahre lang Rente erhielten, hat sich die Bezugsdauer bis heute gut verdoppelt. Frauen bekommen im Schnitt rund 22, Männer knapp 19 Jahre Rente ausgezahlt.

Gehen nun nach und nach die besonders geburtenstarken Jahrgänge – die sogenannten Babyboomer – in Rente, verschlechtert das noch einmal das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenbeziehern. Finanzierten Anfang der 1960er-Jahre noch gut sechs Beitragszahler einen Rentner, sind es im Jahr 2022 nur noch zwei Beitragszahler gewesen. Das IW Köln prognostiziert, dass das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenempfängern bis 2030 auf 1,5 sinkt und im Jahr 2050 sogar nur noch 1,3 Beitragszahler auf einen Rentner kommen. 

Da wundert es nicht, dass sich viele junge Menschen unsicher sind, ob sie im Alter überhaupt noch finanziell abgesichert sind. Einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Kreditinstitute ING und Visa zufolge geht inzwischen fast ein Drittel der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 30 Jahren davon aus, im Alter keine gesetzliche Rente zu bekommen. 83 Prozent der Befragten treibt die Sorge vor Altersarmut um. Deshalb sehen sich viele Menschen schon im jungen Alter gezwungen, sich Gedanken um ihre Rente zu machen. Jeder zweite Befragte zwischen 18 und 30 Jahren spart bereits, um sich privat im Alter abzusichern.