
In der anhaltenden Diskussion um den Anzugskandal bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Trondheim haben mehrere frühere norwegische Skispringer zugegeben, während ihrer Karriere betrogen zu haben. „Das macht wirklich jeder“, sagte etwa Daniel-Andre Tande, Team-Olympiasieger 2018 in Pyeongchang, dem norwegischen Rundfunk NRK und ergänzte: „Ja, ich wage zu behaupten, dass ich das schon mehrmals getan habe.“
Außer Tande räumten auch Anders Jacobsen und Johan Remen Evensen ein, während ihrer Karrieren mit manipuliertem Material an Wettkämpfen teilgenommen zu haben. „Betrug“ sei zwar ein „hartes Wort“, sagte Jacobsen, der 2007 die Vierschanzentournee gewonnen hatte. „Aber ich kann nicht mit der Hand auf dem Herzen sagen, dass ich es nicht getan habe. Denn wenn Betrug per Definition bedeutet, einen Anzug zu haben, der ein wenig zu groß ist, dann habe ich betrogen.“
„Wenn du nicht erwischt wirst, hast du nicht betrogen“
Das Problem sehen die ehemaligen Athleten jedoch nicht nur in ihrer eigenen Nation. Zwar werde er den Betrug der norwegischen Mannschaft, die bei der WM am vergangenen Wochenende mit manipulierten Anzügen gesprungen war, „in keiner Weise verteidigen“, betonte Tande. Jedoch liege die Verantwortung dafür in erster Linie beim Skiweltverband FIS, der zu oft willkürlich und inkonsequent agiere.
„Der Grundsatz in dem Sport lautet, wenn du nicht erwischt wirst, hast du nicht betrogen“, sagte Evensen: „Und das ist ein Einstellungsproblem, das sich in die gesamte Sprungwelt in allen Nationen ausgebreitet hat.“ Tande behauptete sogar, die FIS würde durch zufällige und willkürliche Kontrollen die Ergebnisse beeinflussen. „Es ist für das Produkt am besten, wenn ein Norweger gewinnt, wenn in Norwegen Skifliegen stattfindet, oder ein Österreicher, wenn in Österreich Skifliegen stattfindet“, sagte Tande: „Das ist bekannt.“
Weltverband sperrt fünf Norweger
Unterdessen suspendierte der Ski-Weltverband FIS die beiden norwegischen Skispringer Marius Lindvik und Johann André Forfang vorläufig. Auch drei Team-Offizielle, darunter Cheftrainer Magnus Brevig, sowie der Assistenztrainer Thomas Lobben und der Servicemitarbeiter Adrian Livelten sind im Zuge der laufenden Untersuchungen vorerst gesperrt, wie die FIS an diesem Mittwoch mitteilte.
Gegen sie wird wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an Ausrüstungsmanipulationen beim Großschanzenspringen der Herren am vergangenen Samstag ermittelt. „Die Situation ist natürlich äußerst beunruhigend und enttäuschend“, sagte Fis-Generalsekretär Michel Vion. Man arbeite „unermüdlich daran, so schnell wie möglich eine umfassende und gründliche Untersuchung durchzuführen und gleichzeitig Fairness und ein ordnungsgemäßes Verfahren zu gewährleisten“.
Auf Ersuchen der externen Ermittler habe die FIS am Dienstag alle Sprunganzüge beschlagnahmt, die von norwegischen Teams bei den Weltmeisterschaften in Trondheim 2025 getragen wurden. Anonym gefilmte und veröffentlichte Videos sorgen im Skispringen seit Samstag für große Aufregung. Auf den Bewegtbildern ist zu sehen, wie das norwegische Team Wettkampfanzüge auf unzulässige Art und Weise bearbeitet. So wurde eine nicht erlaubte Naht angebracht, die für mehr Stabilität sorgen soll. Die zusätzliche Stabilität hilft den Springern beim Fliegen in der Luft.
Der Skandal hat bereits zuvor zu personellen Konsequenzen geführt. Brevig und Lobben wurden auch vom norwegischen Verband suspendiert. Livelten musste ebenfalls gehen.