„Sirāt“: Empathie ist der Anfang des Unglücks

Der Film „Sirāt“ ist ein verstörendes Meisterwerk, das unsere moralische Intuition unterläuft



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"Sirāt": Gruseliger als jede Dystopie: ein Szenenbild aus "Sirāt"
Gruseliger als jede Dystopie: ein Szenenbild aus „Sirāt“
© Quim Vives/​Pandora Film

Im Deutschen bedeutet das arabische Wort sirāt so viel wie „Pfad, Steg“, theologisch ist auch die „schmale Brücke“ gemeint, von kaum einer Haaresbreite, über die Verstorbene ins Paradies gelangen (oder auch nicht). Selten war ein Filmtitel so zutreffend. Der Weg durch Marokko, auf dem das Roadmovie Sirāt seine Figuren führt, verläuft tatsächlich auf Messers Schneide, im Gebirge am tödlichen Abgrund entlang, in der Wüste durch ein Minenfeld. Ja, es wird grausam und ungerecht gestorben in dem Film des spanisch-französischen Regisseurs Óliver Laxe, und es wird genauso ungerecht und zufällig überlebt. Verdient hat hier sein Schicksal niemand. Eine Moral ist nicht in Sicht, und vielleicht war das ein Grund, warum nach der Premiere in Cannes die Meinung der internationalen Filmkritik geteilt war, vorsichtig gesagt.