Signal-Skandal: Wie Michael Waltz die Chat-Affäre auslöste – Wirtschaft

Michael Waltz hat eine unmissverständliche Aufgabe, die bereits aus seinem Jobtitel hervorgeht. Als Nationaler Sicherheitsberater der Vereinigten Staaten soll er US-Präsident Donald Trump bei sicherheitspolitischen Angelegenheiten unterstützen. Diese Aufgabe hat Waltz bislang recht eigenwillig interpretiert. Mitte März lud er Jeffrey Goldberg, den Chefredakteur des Magazin The Atlantic, in eine Chatgruppe des Messengers Signal ein. Dort plauderte die halbe US-Regierung über Luftschläge gegen die Huthi-Miliz im Jemen, tauschte sensible Details aus und lästerte über die europäischen Verbündeten.

Das Missgeschick löste nicht nur jede Menge Spott, sondern auch eine interne Untersuchung aus. Genau wie die geheime Signal-Gruppe ist auch das Ergebnis der forensischen Ermittlungen nicht allzu lang intern geblieben. Drei Personen haben dem Guardian detailliert berichtet, wie und warum der Nationale, nun ja, Sicherheitsberater ausgerechnet einen Journalisten mitlesen ließ, den sein Chef regelmäßig öffentlich beschimpft und dessen Magazin er hasst. Trump hat Waltz auch deshalb nicht gefeuert, weil der Rauswurf eines hochrangigen Regierungsmitglieds den Atlantic zusätzlich geadelt hätte.

Alles begann mit einer E-Mail

Demnach begann die Fehlerkette bereits während des Wahlkampfs. Im Oktober kontaktierte Goldberg die Verantwortlichen der Trump-Kampagne für einen Bericht, der Trumps Äußerungen über verwundete Soldaten kritisierte. Trumps damaliger Sprecher Brian Hughes wandte sich an Waltz, der ihm helfen sollte, die Anfrage abzuwimmeln. Dafür kopierte er Goldbergs gesamte Anfrage und fügte sie in eine Mail an Waltz ein – inklusive der Signatur, die Goldbergs Handynummer enthielt.

Kurz darauf schlug das iPhone von Waltz vor, den Kontakt von Hughes um eine Telefonnummer zu ergänzen. Der speicherte den Eintrag, ohne sich genauer damit zu beschäftigen. Dummerweise hatte Waltz eine iOS-Funktion aktiviert, die Kontakte automatisch um Telefonnummern ergänzt, die in Mails auftauchen – in diesem Fall die Nummer aus der Signatur von Goldberg, die ihm der Trump-Sprecher weitergeleitet hatte. Von diesem Zeitpunkt an war Brian Hughes in Waltz’s Telefonbuch die Handynummer von Jeffrey Goldberg zugeordnet. Später sollte er Fox News sagen, die Nummer sei in sein iPhone „hineingesaugt“ worden.

Die Verwechslung blieb monatelang folgenlos, bis Waltz die Chatgruppe „Houthi PC small group“ einrichtete und 17 hochrangige Regierungsmitglieder und Berater hinzufügte. Neben Vizepräsident J.D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth und CIA-Direktor John Ratcliffe sollte auch Hughes, mittlerweile Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, den Militärschlag im Jemen koordinieren.

Waltz scheint großer Signal-Fan zu sein

Doch statt Hughes lud Waltz Goldberg ein und bescherte dem Atlantic neue Abonnenten, Signal neue Nutzerinnen und der US-Regierung einen der peinlichsten Sicherheitsskandale der vergangenen Jahrzehnte. Auf Waltz’ eigenem Handy tauchte der Kontakt in der Signal-Gruppe wohl als „Brian Hughes“ auf, der Fehler war also tatsächlich schwer zu bemerken. Alle anderen Mitglieder sahen jedoch einen stillen Mitleser namens „JG“, der sich später selbst aus der Gruppe entfernte, bevor der Atlantic die Geschichte veröffentlichte. Das wunderte offenbar niemanden.

Für Trump war das alles nur ein „Ausrutscher“, Waltz scheint als Nationaler Sicherheitsberater aber grundsätzlich auf wackligen Füßen unterwegs zu sein. Seit der Signal-Affäre wurde unter anderem bekannt, dass er seinen privaten Gmail-Account für Regierungsangelegenheiten nutzte und gemeinsam mit seinem Team mindestens 20 Signal-Gruppen aufgesetzt haben soll, um das außenpolitische Vorgehen der USA zu koordinieren. Vermutlich hat ihm inzwischen jemand erklärt, dass sich die automatische Kontaktergänzung auf iPhones deaktivieren lässt – gut für die US-Regierung, schade für US-Medien.