Siemens und Roland Busch sind gute Vorbilder für Deutschland


Der Standort Deutschland liegt Roland Busch am Herzen. Der Vorstandsvorsitzende des Technologiekonzerns Siemens sorgt sich um die Wettbewerbsfähigkeit und fordert ein neues Betriebssystem für Deutschland. Für Siemens entwickelt Busch nun ein solches. Technologisch spielt die Musik zwar im Silicon Valley, aber der Konzern zählt zu den wenigen Unternehmen, die den Technologiesprung der Künstlichen Intelligenz (KI) in die Industrie übertragen können.

Für den Industriestandort Deutschland ist es ein wichtiges Signal, dass Siemens hier führender Anbieter werden will. Mit dem nun vorgestellten Strategieprogramm „One Tech Company“ will Busch die Chance nutzen.

Mit seiner Entschlossenheit ist Siemens gut gefahren. Seitdem Busch im Februar 2021 den Vorstandsvorsitz von Joe Kaeser übernommen hat, ist der Aktienkurs von 130 Euro bis auf das vor kurzem erreichte Rekordhoch von 250 Euro gestiegen. Wichtige Weichenstellungen hatte Kaeser mit dem Börsengang der Medizintechnikeinheit Siemens Healthineers und der Abspaltung des Energiegeschäfts, der heutigen Siemens Energy, vorgenommen. Busch konnte Siemens stärker auf die Kerngeschäfte der Industrieautomatisierung und Gebäudetechnik ausrichten.

Die Trennung von Healthineers fällt nicht jedem leicht

Das will er nun verstärken. Trotz der guten Kursentwicklung der Aktie kommen Konkurrenten wie die französische Schneider Electric oder die Schweizer ABB auf höhere Bewertungen. Es gibt Handlungsbedarf. Deshalb treibt Busch die Transformation zum führenden Anbieter von Industriesoftware und KI-Anwendungen voran. Mit der neuen Strategie verfolgt er effizientere Strukturen ohne Doppelarbeiten. Das Kerngeschäft in den beiden Sparten Industrieautomatisierung (Digital Industries) sowie Elektrifizierung und intelligente Gebäudetechnik (Smart Infrastructure) soll gestärkt werden, um das langfristige Wachstumspotential freizusetzen.

Eine Möglichkeit der Stärkung sind weitere Zukäufe. Dazu verschafft sich der Vorstand Spielraum, in dem er die Beteiligung an Siemens Healthineers von 67 auf 37 Prozent senkt. Die Siemens-Aktionäre werden 30 Prozent der Healthineers-Aktien erhalten. Die bisherige Tochtergesellschaft will mit dem höheren Streubesitz neue Investoren gewinnen.

Die Klarheit, mit der Siemens die Dekonsolidierung von Healthineers fortsetzen will, ist dafür hilfreich. Eine Restbeteiligung verbleibt, sie kann zur Finanzierung von Akquisitionen dienen. So war es bei den insgesamt 15 Milliarden Dollar schweren Übernahmen der US-Softwareunternehmen Altair und Dotmatics schon der Fall.

Das Zuggeschäft ist hochpolitisch

Die Trennung von Healthineers fällt im Siemens-Konzern nicht jedem leicht. Die Medizintechnik mit Computertomographen zählte zur alten DNA und trug bislang ein Drittel zum Konzernumsatz bei. Die Abspaltung muss deshalb geordnet erfolgen. Ein überstürztes Vorgehen belastet den Aktienkurs von Healthineers.

Das hat sich schon in der enttäuschenden Kursentwicklung gezeigt, nachdem Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas Ende 2024 den Sinn der Mehrheitsbeteiligung in Frage gestellt hatte – schließlich sind 34 Milliarden Euro gebunden. Mit dem Kapital kann Siemens von der fortschreitenden Digitalisierung der Industrie weiter profitieren.

Damit entspricht Busch den Wünschen vieler Investoren, die eine Konzentration auf die Wachstumsfelder fordern. Doch öffnet der Rückzug bei Healthineers die Büchse der Pandora: Einige Investoren sprechen sich regelmäßig für die Abspaltung der Zugtechnik mit seiner hohen Kapitalbindung aus. Dagegen wehrt sich Busch, weil er das Zuggeschäft für chancenreich hält und zum Kerngeschäft zählt. Zugfahren ist nachhaltig und wird in den USA neu entdeckt. Die Sparte erhält Milliardenaufträge, zuletzt aus der Schweiz. Auch Deutschland muss seine Bahn grundlegend reformieren. Dazu kann Siemens entscheidend beitragen.

Das Zuggeschäft ist hochpolitisch, weil es kritische Infrastruktur betrifft. Den Zusammenschluss der Siemens-Bahnsparte mit der des französischen Wettbewerbers Alstom hatte die Europäische Kommission im Jahr 2019 aus wettbewerbsrechtlichen Gründen untersagt. Doch stößt die Idee in Berlin und in Paris immer noch auf offene Ohren.

Denn der chinesische Staatskonzern CRRC drängt aggressiv in den europäischen Markt. Allerdings erfordert ein neuer Anlauf zur Schaffung eines europäischen Marktführers politische Überzeugungsarbeit und damit viel Geduld. Ob dafür die im Jahr 2030 endende Amtszeit von Busch reicht, muss bezweifelt werden.