Sichtungen von Drohnen: Boris Pistorius ruft nach Vorfällen mit Drohnen zu Besonnenheit auf

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ruft nach wiederholten Drohnensichtungen über deutschen Flughäfen zur Besonnenheit auf. Er verstehe die Verunsicherung, eine solche Debatte habe es bislang nicht gegeben, sagte Pistorius dem Handelsblatt. „Deswegen ist es umso wichtiger, die Lage nüchtern und ruhig zu betrachten: Bislang ging von den beobachteten Drohnen keine konkrete Bedrohung aus.“

Das Interview wurde laut Handelsblatt geführt, bevor am Donnerstag- und Freitagabend Drohnen am Flughafen München gesichtet wurden. Der Flugbetrieb wurde an beiden Tagen vorübergehend eingestellt. Wer für die Drohnenflüge verantwortlich ist, ist bislang unklar.

Aus Sicht von Pistorius zielt Russland mit Luftraumverletzungen und Drohnenüberflügen grundsätzlich darauf ab, Verunsicherung zu schüren. „Es geht darum, zu provozieren, Angst zu machen, kontroverse Debatten auszulösen. Putin kennt Deutschland sehr, sehr gut, wie wir alle wissen. Er kennt auch die deutschen Instinkte und Reflexe.“

Pistorius sieht die Pläne für ein Drohnenabwehrzentrum skeptisch

Deutschland hole bei der Drohnenabwehr gewaltig auf, sagte Pistorius und dämpfte zugleich die Erwartungen an die Bundeswehr. „Die Bundeswehr kann nicht überall in Deutschland, wo Drohnen auftauchen, zur Stelle sein und sie vom Himmel holen“, sagte er. „Viel entscheidender ist, dass die Polizeien der Länder und des Bundes die Fähigkeiten aufbauen, die sie brauchen, um bis zu einer bestimmten Höhe agieren zu können.“

Skeptisch sieht Pistorius die Pläne von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) für ein Drohnenabwehrzentrum. „Dieses Zentrum wäre dann nur für eine potenzielle Bedrohung durch Drohnen zuständig. Wir müssen aber damit rechnen, dass es multiple Gefährdungsszenarien geben könnte“, sagte der Verteidigungsminister. „Daher brauchen wir in erster Linie ein gemeinsames 24/7-360-Grad-Lagebild.“

Als Beispiel nannte er den Fall, dass in Deutschland an verschiedenen Stellen gleichzeitig Waldbrände oder Stromausfälle auftreten. „Alle relevanten Daten zur Einordnung der Sicherheitslage Deutschlands sollten an einem Punkt zusammenlaufen. Nur so kann man erkennen, ob es bei den scheinbaren Solitärereignissen womöglich einen Zusammenhang und einen gemeinsamen Verursacher gibt“, sagte Pistorius.

Hessen und Bayern kündigen Ausbau von Drohnenabwehr an

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) kündigte derweil weitere Maßnahmen zur Drohnenabwehr an. „Wir müssen unsere Fähigkeiten zur Detektion und Abwehr von Drohnen erweitern. Und dafür werden wir auch Geld in die Hand nehmen“, sagte er dem Medienunternehmen VRM. Es brauche zudem „ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und Ländern“. Das gelte sowohl für die Zuständigkeiten als auch für die technische Ausstattung. Hessen habe im Polizeigesetz bereits 2024 wirksame Anti-Drohnen-Maßnahmen ermöglicht, damit die Polizei Drohnen unschädlich machen kann. Abwehr und Bekämpfung militärischer Drohnen müssten weiterhin in der Zuständigkeit des Bundes bleiben, sagte der Ministerpräsident.

Auch Bayern plant inzwischen eine Neuregelung, damit die Landespolizei im Zweifelsfall auch Drohnen abschießen kann, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ankündigte. „Wir wollen die rechtlichen Möglichkeiten der bayerischen Polizei deutlich erweitern, damit sie sofort und effektiv gegen Drohnen vorgehen kann“, sagte Herrmann.

Drohnen über München, Frankfurt und Schleswig-Holstein

Drohnen unbekannter Herkunft hatten am Donnerstagabend und in der Nacht zum Freitag den Flugbetrieb am zweitgrößten deutschen Flughafen in München gestört. Auch am Freitagabend gab es Drohnenalarm. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main war am Freitag ebenfalls eine Drohne gesichtet worden. Ein Hobbydrohnenpilot hatte dort mit einem kurzen Testflug einen Polizeieinsatz ausgelöst. Der Flugbetrieb war ungestört geblieben.

Vergangene Woche waren über Schleswig-Holstein Drohnen gesichtet worden. Die Behörden prüfen den Verdacht, dass die Drohnen über kritische Infrastruktur geflogen sind. Mehrfach hatten Drohnen in der vergangenen Woche auch den Luftverkehr in Dänemark gestört und für Verunsicherung und Chaos gesorgt.