
Der als Star-, Fernseh- und F.C.-Bayern-Koch bekannt gewordene Alfons Schuhbeck, dem Deutschland ein gesundes Verhältnis zum Ingwer („Trotz seiner frechen Schärfe ein ,Teamplayer‘“) sowie Würze im Essen wie andernorts („Sex Gewürz gemahlen“) verdankt, betritt um kurz vor halb zehn den Saal B 173 im Münchner Strafjustizzentrum, wo ihm neuerlich der Prozess gemacht wird. Nachdem er im Oktober 2022 wegen Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden war, soll es nun unter anderem um den Vorwurf des Subventionsbetrugs gehen.
Schuhbeck, 76 Jahre alt, wirkt schwer angezählt. Der Körper, im dunkelblauen Anzug mit Einstecktuch, lässt zwar auf weiter vernünftigen Appetit schließen, aber das Gesicht wirkt wächsern, die Augen müde. Wenn er seine Sitzposition ändert, scheint er Schmerzen zu haben. Seine Haftstrafe, die er bisher in Landsberg verbüßt hat, ist unterbrochen. Zu schwer sind auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft die gesundheitlichen Probleme, die Schuhbecks Verteidiger später am Tag konkretisieren wird: Sein Mandant sei ein „schwer kranker Mann“. Er leide an unheilbarem Krebs, der zuletzt auch eine Operation nötig gemacht habe.
Staatsanwaltschaft spricht von „grobem Eigennutz“
Zunächst wird freilich die Anklage verlesen. Sie ist komplex und detailreich, doch eines wird schnell deutlich: Schuhbeck hat ein Dickicht an Firmen geschaffen, von dem man ohne Weiteres glaubt, dass es einem über den Kopf wachsen kann. Von allerlei GmbHs ist die Rede, der „Schubeck’s am Platzl GmbH“, der „Schuhbeck’s Orlando GmbH“, der „Schuhbeck’s Internet GmbH“, der „Schuhbeck’s Kochschule GmbH“ oder auch der „Schuhbeck’s Gewürze GmbH“.
Im ersten Teil der Anklage geht es um den Vorwurf der Insolvenzverschleppung. Die Formulierungen folgen alle einem Muster, diesem: „Die vom Angeklagten vertretene ,Schuhbeck’s Orlando GmbH‘ war spätestens seit dem 31.01.2017 zahlungsunfähig. Dies war dem Angeklagten auch bekannt.“ Ab dem genannten Tag hätten die fälligen Verbindlichkeiten die vorhandenen liquiden Mittel dauerhaft überstiegen. Einen Insolvenzantrag habe der Angeklagte aber erst am 19. Juli 2021 gestellt.

Der zweite große Komplex in der Anklage bezieht sich auf den Vorwurf des Subventionsbetrugs, insbesondere auf die betrügerische Erlangung und die missbräuchliche Verwendung von staatlichen Corona-Hilfen. Hier geht die Staatsanwaltschaft über die Bewertung von Schuhbeck’s Freundin Monika Gruber hinaus. Die Kabarettistin hatte ihm „naiv-chaotisches Geschäftsgebaren“ attestiert, die Staatsanwaltschaft hingegen spricht von „grobem Eigennutz“. Schuhbeck verschleierte demnach, dass seine Gesellschaften nicht aufgrund der Pandemie, sondern schon vorher ins Schlingern geraten waren, außerdem schob er widerrechtlich die staatlichen Gelder zwischen seinen GmbHs hin und her, je nachdem, wo die Not gerade am größten war. Schuhbeck selbst bestätigte das am Mittwoch vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München I, indem er sagte, er habe seine verschiedenen Gesellschaften „immer wie einen großen Betrieb gesehen“.
Kurz vorher hat der Vorsitzende Richter den Vorschlag gemacht, dass Schuhbeck bei einem vollumfänglichen Geständnis – und wenn sich im Prozess keine neue Sachlage ergibt – eine Gesamtstrafe von mindestens vier Jahren und höchstens von vier Jahren und acht Monaten zu erwarten habe, wobei „Gesamtstrafe“ bedeutet, dass die drei Jahre und zwei Monate, zu denen Schuhbeck 2022 verurteilt wurde, eingerechnet werden. Vorgesehen ist das für Taten, die zeitlich so liegen, dass sie auch schon im ersten Prozess hätten angeklagt werden können.
In der Haft ein neues Kochbuch geschrieben
Schuhbeck und alle weiteren Beteiligten nehmen den Vorschlag, der das Verfahren enorm verkürzen dürfte, an. Darauf folgt die knappe, aber ergreifende Erklärung eines getriebenen Mannes, der es, wie er sagt, aus kleinen Verhältnissen nach ganz oben, zum „Überflieger“ und „Ingwerkönig“, geschafft und dem das „schon etwas“ bedeutet habe. Er habe gedacht: „Ich darf nur Gas geben, sonst bin ich keiner und verliere alles, was ich aufgebaut habe.“ So habe er sich übernommen, den Überblick verloren, falsche oder keine Entscheidungen getroffen. Er räume „den Sachverhalt der Anklage“ ein und wolle versuchen, etwas vom angerichteten Schaden, den er zutiefst bedauere, wiedergutzumachen.
In der Haft habe er etwa ein neues Kochbuch geschrieben, damit die Einnahmen an den Insolvenzverwalter gehen könnten. Als Schuhbeck den Saal verlässt, ruft eine Reporterin, wohl im Versuch, an alte Nähe-Zeiten anzuknüpfen: „Alfons, wie geht’s dir?“ Er antwortet nicht.