
Der Präsident des Münchner ifo Instituts hat die
Bundesregierung kritisiert und ihr eine zögerliche
Haltung vorgeworfen. „Leider wird alles, was schwierig ist, auf die
lange Bank geschoben“, sagte ifo-Chef Clemens Fuest der Süddeutschen
Zeitung. „Das wird auf Dauer nicht gut gehen“, sagte er weiter und warnte vor einer „Dauerstagnation„.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gehe „bisher
in der Wirtschaftspolitik den großen Herausforderungen aus dem Weg“,
sagte Fuest der Zeitung. Die Regierung versuche, vieles mit finanziellen Mitteln zu lösen. „Alles mit Geld zuschütten, dafür braucht es nicht viel Mut“, sagte Fuest. Die Politik löse die Probleme für den privaten
Sektor nicht, sondern verschärfe sie eher noch. Als Beispiel nannte der ifo-Chef die Rentenpolitik und mögliche künftige Steuer- und
Abgabenerhöhungen.
ifo-Chef sieht „Realitätsverweigerung“ der Politik
Angesichts eines möglichen Krieges müsse die Bundesregierung schnell umdenken, sagte Fuest. „Wir brauchen so etwas wie eine Kriegswirtschaft in Deutschland.“ Nun müssten jene Dinge produziert werden, „die lange unerwünscht waren“, sagte Fuest. Deutschland sei ein pazifistisches Land und habe aus historischen Gründen einen großen Abstand zu solchen Themen. „Aber Pazifismus kann man sich nur dann leisten, wenn man nicht angegriffen wird“, sagte der ifo-Chef.
Fuest kritisierte zudem eine „Realitätsverweigerung“ der Politik: Im Wahlkampf seien den Bürgerinnen und Bürgern „viele Goodies versprochen worden: Die Gastronomie kriegt etwas, Mütterrente kommt, die Haltelinie für die Rentner bleibt und so weiter“, sagte Fuest. Das funktioniere jedoch nicht mehr, da Deutschland mehr in Verteidigung investieren müsse.
Die stark exportabhängige deutsche Wirtschaft stagniert seit Längerem und kommt weiterhin nicht in Schwung. Im dritten Quartal entging sie nach ersten Schätzungen des Statistischen Bundesamts nur knapp einer sogenannten technischen Rezession. Eine technische Rezession liegt vor, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Landes in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) warnte vor einigen Tagen vor der „tiefsten Krise seit Bestehen der Bundesrepublik“.
