Schlüsseltresore: Städte verbieten hässliche Plastikkästen – Gesellschaft

Seit einigen Jahren bevölkern sie die Städte, diese Kästen mit Zahlenschloss, und es werden immer mehr. Sie hängen an Kellerfenstern, Regenrinnen und Verkehrsschildern oder pappen gleich zu mehreren nebeneinander an Fassaden. Durch den Self-Check-in muss immerhin kein Airbnb-Vermieter mehr Freundlichkeit vortäuschen bei der Schlüsselübergabe. Die allerwenigsten räumen ja noch ihre private Wohnung, bevor sie selbst in den Ferienflieger steigen, wie das mal gedacht war bei der Bettenbörse. Es geht ohnehin nur ums Geld, da kann man sich den persönlichen Kontakt auch sparen. In den Weihnachtsferien haben die Minitresore wieder Hochsaison, und wer nicht mit Rollkoffer bewehrt Straßen nach solchen Kästen absucht, der wird in der winterkahlen Stadt von ihrer Hässlichkeit behelligt. Kann man sie nicht verbieten, diese Warzen im Gesicht der Großstadt?

Und hiermit herzliche Grüße nach Italien an Giuseppe „Beppe“ Sala, den Bürgermeister von Mailand! Der untersagt von Januar an Schlüsseltresore in seiner Stadt. Bis zu 400 Euro werden für den fällig, der eine Key Box ans Haus hängt. Weil sie historische Viertel verschandeln, weil Wohnraum zweckentfremdet wird, weil über sie auch Drogengeschäfte abgewickelt werden. Vorgemacht hat es Florenz, dort gilt das Verbot in der historischen Altstadt seit Frühjahr 2025, Bologna und Venedig folgten. In Paris drohen Bußgelder bis 1500 Euro, städtische Mitarbeiter laufen mit surrender Flex durch die Stadt wie Hausmeister mit Laubbläsern durch Innenhöfe. Paris sei „kein Gratis-Hausmeisterservice unter freiem Himmel im Dienste touristischer Vermittlungsplattformen“, motzte die zuständige Stadträtin. Auch Dublin verbietet die „hässlichen Stolperfallen“.

In deutschen Stadträten und Senaten sind die Boxen kaum ein Thema, Verbote gibt es bislang nicht. Rechtssicherheit, Verhältnismäßigkeit und andere schöne deutsche Wörter werden zitiert, vielleicht brauchen Pflegedienste, Hausmeister, Notdienste einen Schlüssel? Dass die Dinger das Stadtbild verschandeln, stört offenbar keinen. So schnell wird es also nichts mit einem Verbot. Man setze darauf, heißt es aus Berlin, die illegale Vermietung durch strengere Gesetze zu verhindern. Dann verschwänden auch die Schlüsseltresore von ganz allein.

Bis dahin widmet man die Henkelkästen am besten für sich um. Für Kindergeburtstage sollten Eltern es mal mit „Wer findet die meisten Kästen in einer Straße?“ probieren. Ein herrliches Spiel, was sehr lange dauern kann, wenn die Straße lang genug ist. Endlich mal eine würdige Alternative zum bisherigen Aktivposten jeder Schatzsuche: Wie viele Reiskörner sind in diesem Marmeladenglas? Erwachsene könnten wieder Yps-Vibes spüren und Codes knacken. Wer schafft es, drei Zahlenschlösser hintereinander in 30 Minuten zu öffnen? Natürlich ohne den Schlüssel herauszunehmen, es geht hier ja um sportlichen Ehrgeiz und Hacker-Ehre, also den Beweis, dass sowieso nichts sicher ist. Nicht mal so ein hässliches Anhängsel der Sharing-Economy.

In diesem Lichte gesehen sind Schlüsseltresore doch eine echte Bereicherung für Städte. Vielleicht sollte es einfach noch mehr geben.