
„Create your girlfriend“ lautet der Werbespruch, mit dem Anbieter von KI-Pornographie um Kunden buhlen: Erschaffe deine Freundin. Was diese charakterisiert, kann man sich leicht ausmalen. Die „Freundin“ entspricht den Vorstellungen ihres Schöpfers; in welche Richtung diese gehen, wissen die KI-Pornomacher und richten ihre Auslage entsprechend ein – mit gefügigen Sexsklavinnen.
Da ist alles möglich und das Tor für Kriminelle weit offen. Denn mit KI lassen sich leicht Deepfake-Videos erstellen, also solche mit künstlichen Figuren, die das Antlitz von echten Menschen tragen. 100.000 solcher Videos sollen im Netz unterwegs sein. Betroffene können Plattformbetreiber um Löschung bitten und Anzeige erstatten, aber sie müssen jeder Darstellung einzeln nachgehen und sie melden, seriösere Netzwerke halten Meldeformulare vor, bei einschlägigen Pornoseiten kann man danach lange suchen, von geschlossenen Chatgruppen und dem Darknet ganz zu schweigen – und die Ermittlungsbehörden sind hoffnungslos überlastet.
Was einmal im Netz kursiert, das galt schon vor dem Siegeszug der KI, geht nie wieder weg. Was das für die Betroffenen bedeutet, hat die Schauspielerin Collien Fernandes Ende des vergangenen Jahres in einer Dokumentation des ZDF dargelegt. Sie findet sich in Dutzenden pornographischen Darstellungen wieder, und auf Social Media gibt es Accounts, die sich als sie ausgeben und Pornos verschicken.
Altman: „Erwachsene wie Erwachsene“ behandeln
Vor diesem Hintergrund ist es fast eine gute Nachricht, dass Sam Altman, der Chef der Entwicklerfirma Open AI, jetzt angekündigt hat, der KI-Bot ChatGPT werde seinen Nutzern von Dezember an „Erotik“ anbieten. Wie die genau aussieht, verriet Altman noch nicht, nur so viel, dass es die Funktion nur auf Wunsch gebe und man sein Alter verifizieren müsse. Man wolle, so Altman, „Erwachsene wie Erwachsene behandeln“. Dahinter steckt die Suche nach einem Geschäftsmodell, das dem KI-Unternehmen die gigantischen Umsätze sichert, die bislang nur ein Versprechen sind – sex sells.
Grok, der von Elon Musks Firma xAI entwickelte KI-Chatbot, ist da schon einen Schritt weiter. Er bietet seine Dienste in einer Pornoversion längst an. Es beginnt mit dem „Sexy Mode“, in dem sind erotisches Säuseln („erzähl mir eine heiße Geschichte über uns zwei in einem Luxushotel“), Flirten und Rollenspiele drin. Auf Stufe zwei geht es mit KI-Figuren, „AI Companions“ genannt (wahlweise weiblich oder männlich), um „romantische oder erotische Gespräche“. Im „Spicy Mode“ kommen Bilder und Videos hinzu, gestaltet nach den Vorgaben des Nutzers („eine voluptuöse Frau in erotischer Pose, Pixar-Stil“, nennt Grok als Beispiel).
Versprochen werden detaillierte, animierte, hyperrealistische Clips. Fake-Pornos, also solche, die mit Bildvorlagen echter Menschen arbeiten, sind „ohne Einwilligung“ nicht erlaubt. Geboten bekommt jemand so etwas, wenn er sein Alter bestätigt und – zahlt. Er „vermeide Inhalte, die illegal, schädlich oder nicht einvernehmlich sind“, verspricht Grok. Vermeiden will er also Kinderpornographie und Deepfakes ohne Zustimmung der Beteiligten. Doch wer will das kontrollieren?
Die Erotikversion von ChatGPT könnte eine ähnliche Anmutung haben wie die von Grok, „hyperrealistisch“ dürfte sie auf jeden Fall werden, verfügt Open AI doch mit „Sora“ über eine Software, deren Fähigkeit, aus Texten Bilder zu machen, als besonders ausgeprägt gilt.
Sam Altman sagt über Künstliche Intelligenz derweil mal dies und mal das. Mal warnt er vor unkalkulierbaren Risiken, etwa im Umgang mit der neuesten Version seiner KI namens „ChatGPT Agent“, die noch größere Datenmengen verarbeiten und Befehle noch passgenauer ausführen können soll. Dann beschwichtigt Altman wieder und preist die potentiell weltverbessernden Möglichkeiten der KI.
Zuletzt gab er die Einschätzung von sich, dass sich die KI-Industrie in einer Blase befinden könnte wie in den Neunzigerjahren die Techkonzerne während des sogenannten Dotcom-Booms. Bevor diese Blase platzt, wird Altman es mit sexy ChatGPT versuchen: Pornographie mit der zurzeit beliebtesten KI für 800 Millionen Nutzer weltweit. Was winken da für Geschäfte!
Die Folgen wird nicht nur das reale Erotikgewerbe spüren. Die Mannosphäre erhält ein weiteres Werkzeug zur Frauenunterdrückung, die digital grassiert. Und Freunde der KI, die nur die KI zur Freundin oder zum Freund haben, werden gar nicht mehr merken, dass sie das echte Leben verpassen.