

Rohe Rhabarberstangen sind kein Genuss. Frischer Rhabarber enthält pro 100 g Gemüse nahezu 500 Milligramm Oxalsäure. Eine unangenehme, schleimhautbeschlagende Säure, die den Zahnschmelz angreift, Calcium aus der Nahrung bindet und deshalb Nierenschäden verursachen kann. Kurz: wir (genauer: ich) mögen Rhabarber nicht. Auch keinen Rhabarberkuchen.
Natürlich weiss ich, dass man durch frühes Ernten, Sortenwahl oder Schälen die Konzentration an Oxalsäure etwas erniedrigen kann. Kochen oder Neutralisieren mit Backpulver sind andere Optionen, wenn das Kochwasser (mit der gelösten Oxalsäure) weggeworfen wird. Aber direkt im Kuchen verbacken lässt sich nichts mehr wegschütten. Allenfalls der ganze Kuchen. Unter den empfohlenen Tricks ist jener mit gleichzeitigem Verzehr von Milchprodukten in meinen Augen valabel. Das in der Milch enthaltene Calcium bindet die Oxalsäure zu schwer löslichem Calciumoxalat. Das hilft mir aber auch nicht, da ich auch Joghurt nicht mag.
Und ausgerechnet uns fällt ein ausgewachsener Rhabarberstock temporär in den Schoss. Ausgraben gelang nicht. Zu tief steckten die Wurzeln im steinigen Untergrund. Bündelweise Verschenken war bislang unsere einzige Option, bis…
…bis ich zufällig bei Chef Paolo Guilherme auf eine Zubereitung mit Gin stiess, die mich neugierig machte: Heureka!
Die einfache Zubereitung nutzt die sehr gute Löslichkeit von Oxalsäure in Wasser und Alkohol. Fein geschnittener Rhabarber wird (nach meiner Variante) in einer Mischung aus Wasser, Wacholderschnaps und Zucker mindestens einen Tag lang mazeriert. Danach werden die Rhabarberscheiben aus der Mischung geschöpft: das Gemüse ist schön grün, hat einen frischen, knackigen Biss, etwa wie roher Staudensellerie- oder Radieschen Scheiben. Dazu ist die unangenehme Oxalsäure zu einem guten Teil verschwunden, der Geschmack angenehm und nur leicht süss.
Die ideale Beilage zu frischen Erdbeeren oder zu Käse. Die Oxalsäure ist mehrheitlich im Jus gelöst, wer mag und keine Probleme mit Oxalsäure hat, kann davon ein wenig über die Erdbeeren träufeln.

Wacholder marinierter Rhabarber
3-4 dl Wasser
200 g Zucker
1 dl Wacholderschnaps
300 g Rhabarber, geschält, in 1-2 mm dünne Scheibchen geschnitten.
(1) Wasser und Zucker aufkochen. Rühren bis der Zucker gelöst ist.
(2) Wacholderschnaps zugeben und die Lösung etwa 2 Minuten köcheln um die Hauptmenge des Alkohols zu verdampfen.
(3) Die Lösung völlig abkühlen lassen. Wichtig, damit sich der Rhabarber nicht gelb verfärbt.
(4) Die Lösung zusammen mit dem Rhabarber in ein hohes, verschliessbares Glas geben, bis unter den Deckel füllen und mindestens einen Tag im Eisschrank kalt stellen. (Hält sich mehrere Tage, kann aber nicht sterilisiert werden)
