
Seit vergangenem Wochenende läuft in einigen Stadien der Ersten und Zweiten Bundesliga ein Test: Korrigiert ein Schiedsrichter nach dem Videobeweis seine Entscheidung, verkündet er das laut im Stadion. Am Sonntag sprach Robin Braun, 28, als erster Bundesligaschiedsrichter über ein Mikrofon zu den Fans. In seinem erst dritten Bundesligaspiel nahm er einen Elfmeter für Bayer Leverkusen zurück, weil der Gefoulte im Abseits gestanden hatte.
ZEIT
ONLINE: Herr
Braun, ist es unangenehm, wenn man einen Fehler vor vielen Menschen zugeben
muss?
Robin
Braun: Das ist
keine besonders schöne Situation. Auch nicht, das noch laut zu verkünden. Da
geht der Puls höher, gerade wenn man das zum ersten Mal macht und nicht weiß,
wie gut es technisch funktioniert. Ob es überhaupt funktioniert. Und wie es
angenommen wird. Ich war am Sonntag etwas angespannter als sonst.
ZEIT
ONLINE: Sie haben
am Sonntag vor 30.000 Menschen gesprochen. Fällt Ihnen das als Jurist leichter
als anderen?
Braun: Ein Jurist muss häufiger vor Leuten
reden, das lernt man in der Ausbildung. Aber wirklich vergleichen kann man das
nicht. Vor 30.000 Leuten zu reden, ist schon noch mal was anderes. Das kann man
nicht üben.
ZEIT
ONLINE: Die
Durchsagen werden gerade in neun Stadien der Ersten und Zweiten Bundesliga
getestet. Sie waren der erste Schiedsrichter, der ins Mikro gesprochen hat.
Gesagt haben Sie: „Der Strafstoß wurde überprüft. Nach Ansicht der Bilder lag
eine Abseitsstellung vor. Deswegen lautet die Entscheidung: kein Strafstoß,
Abseits.“ Drei Sätze, das war’s.
Braun: Am Ende waren’s nicht viele Wörter,
aber ich glaube, es war doch auf den Punkt. Es geht ja um die Fans im Stadion.
Sie sehen, dass ich, der Schiedsrichter, einen Strafstoß pfeife. Und auf einmal
hebe ich den Arm und das Spiel geht nicht mit einem Elfmeter weiter, sondern
mit indirektem Freistoß. Das kann verwirren. Nun habe ich erklärt, warum es
keinen Elfmeter gab. So wurde meine Entscheidung für alle im Stadion
nachvollziehbarer.
ZEIT
ONLINE: Während
Sie mit dem Videoassistenten gesprochen haben und der Check lief, hatten Sie da
die ganze Zeit im Hinterkopf, dass Sie Ihre Entscheidung gleich allen im
Stadion laut erklären müssen?
Braun: Nein, überhaupt nicht. Das war mir
ganz wichtig: Erst mal mache ich mein Kerngeschäft, treffe also die
Entscheidung. Ich habe mich mit dem Videoassistenten besprochen und wir haben
die Situation aufgeklärt. In dem Fall entschieden wir: Abseits. Erst danach
habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich das den Leuten erkläre. Es war
mir ganz, ganz wichtig, diese Reihenfolge einzuhalten: erst entscheiden, dann
ans Verkünden denken.
ZEIT
ONLINE: Und dann
haben Sie sich noch mal ein paar Sekunden genommen, bevor Sie die drei Sätze
gesagt haben?
Braun: Genau. Als wir mit der Entscheidung
durch waren, habe ich auch dem Videoassistenten kurz gesagt, wie ich das
kommunizieren will.
ZEIT
ONLINE: Das war Ihr Trick, Sie haben
einmal ohne eingeschaltetes Mikro geübt?
Braun: Vielleicht nicht eins zu eins.
Aber diese drei Sätze, an denen ich mich langgehangelt habe, die habe ich einmal
vorgesprochen. Einfach für mich, um es einmal ausgesprochen zu haben, bevor ich
es laut verkünde. Dann habe ich den kleinen Knopf an meiner Hüfte gedrückt und
es kam das Signal auf mein Headset: „Announcement on„. Dann war ich für das
ganze Stadion zu hören. Nachdem ich meine Entscheidung verkündet hatte, habe
ich noch mal auf den Knopf gedrückt und es kam das Signal: „Announcement off„.
ZEIT
ONLINE: Waren Sie
vor dem Spiel extra nervös?
Braun: Etwas
angespannter. Es
war schon besonders. Eine komplett neue Situation, auf die man sich nur bedingt
vorbereiten kann. Die Situation im Stadion kann man nicht üben.