Robin Alexander verlässt „Welt“: Journalisten werden Eigenmarken

Der stellvertretende Chefredakteur der „Welt“, Robin Alexander, verlässt die Zeitung. In der Mitteilung des Springer-Verlags klingt es indes so, als komme er da gerade erst an. Dagmar Rosenfeld und Robin Alexander, heißt es, „bleiben Kolumnisten für Welt am Sonntag und The Pioneer“.

Die eigentliche Nachricht aber lautet, dass die Journalisten den Podcast „Machtwechsel“ künftig in eigener Regie produzieren. Die beiden sind eine Marke und können es sich offenbar leisten, Springer bei der „Welt“ und „The Pioneer“ (an dem der Verlag zu knapp 36 Prozent beteiligt ist) Ade zu sagen.

Für die „Welt“ ist Robin Alexanders Abgang ein schwerer Verlust. Er zählt zu den profiliertesten Politkommentatoren des Landes und ist dem Vernehmen nach ein vehementer Gegner der publizistischen Annäherung an die AfD, die man bei Springer beobachten kann.

Präsenz in Funk und Fernsehen

Dass Alexander mit Rosenfeld ein eigenes Label auflegen kann, hat auch mit seiner Präsenz in Funk und Fernsehen zu tun. Achtzehnmal war er in diesem Jahr in den TV-Talkshows „Caren Miosga“, „Maischberger“, „Hart aber fair“, „Maybrit Illner“ und „Markus Lanz“ zu Gast.

Damit liegt er auf Platz zwei der Liste, die das Fachorgan „Meedia“ alljährlich aufsetzt und auf der sich auffällig viele Journalisten finden, mehr noch als Politiker. So liegt auf Platz eins mit sagenhaften 30 Auftritten der mitunter auf sehr dünnem Eis dahinredende ZDF-Alleswisser Elmar Theveßen, Platz zwei hat, wie gesagt, Robin Alexander inne, es folgen die Journalistinnen Melanie Amann, Eva Quadbeck und Kerstin Münstermann mit jeweils 15 Talkshoweinlagen, erst dann taucht mit Norbert Röttgen von der CDU der erste Politiker in der Reihe auf (14 Einladungen), dann schon wieder ein Journalist, und so geht das munter weiter bis zu Platz 50.

Politik raus, Journalismus rein scheint die Devise zu lauten. Die FDP ist, folgen wir „Meedia“, in den Talkshows von ARD und ZDF abgemeldet, Gleiches gilt für BSW und AfD, die Linke hingegen ist obenauf. Selbst der zu Corona-Zeiten unumgängliche Karl Lauterbach, schreibt der „Meedia“-Auswerter, habe es in seinen besten Zeiten nicht auf 30, sondern „nur“ auf 29 Auftritte gebracht. Der zumeist aus Washington zugeschaltete ZDF-Theveßen ist neuer Rekordhalter.

Summa summarum heißt das, mit all den anderen Journalisten auf dem Podium, dass der „Internationale Frühschoppen“ oder „Presseclub“ nicht nur sonntags, sondern an fast jedem Abend der Woche laufen: Journalisten fragen Journalisten oder lassen Journalisten kommentieren, was andere sagen, die wiederum, schauen wir auf die Besetzungsliste, nicht mehr die erste Geige spielen, erst recht nicht, wenn sie nicht aus der Politik kommen. Das muss man nicht unbedingt für ein ­gutes Zeichen halten. Es ist aber in jedem Fall persönlichkeitsmarkenbildend.