

Wer für die Altersvorsorge eine staatliche Förderung in Anspruch nimmt, soll künftig deutlich mehr Optionen erhalten. Neben den bislang verpflichtenden Garantieprodukten, die sicherstellen müssen, dass jeder eingezahlte Beitrag mindestens auch ausgezahlt werden kann, sollen ertragsorientiertere Varianten zulässig sein. Zudem müssen Anbieter ihren Kunden keine monatliche Rente mehr auszahlen, wenn sie es anders miteinander vereinbaren. Überdies soll die komplizierte Zulagenförderung des Bundes vereinfacht werden. All dies geht aus dem Entwurf des Bundesfinanzministeriums für ein Altersvorsorgereformgesetz hervor.
Damit wird die bislang bestehende Riester-Förderung nach einem Vierteljahrhundert und mehreren gescheiterten Anläufen an die veränderten Bedingungen am Kapitalmarkt und die schwachen Auszahlungen angepasst. Nachdem schon die Finanzminister Scholz (SPD) und Lindner (FDP) aus unterschiedlichen Gründen keine Reform abschließen konnten, könnte nun Lars Klingbeil (SPD) Namensgeber der neuen Förderrente werden. Sie ermöglicht sowohl in der Ansparphase als auch in der Rentenphase deutlich mehr Flexibilität. Die lange Niedrigzinsphase, kostentreibende und renditemindernde Vorgaben für die geförderten Vorsorgeverträge hätten es nötig gemacht, die Regeln zu überarbeiten, heißt es zur Begründung des Gesetzes. In derselben Zeit konnten schwedische Bürger mit einer verpflichtenden kapitalmarktorientierten Rente deutlich höhere Altersvermögen aufbauen.
Der Riester-Markt ist vor Jahren zum Erliegen gekommen. Die Zahl der Verträge fiel von einst 16,5 auf 15 Millionen Verträge, weil sie unter den bestehenden Auflagen kaum in wertsteigernde Anlageklassen wie Aktien, Beteiligungen und Wagniskapital anlegen konnten. Anbieter zogen sich zurück. Die Garantiepflicht zwang sie, zur Absicherung höhere Anteile der Kapitalanlage in Anleihen mit fallenden Renditen zu investieren.
Unterschiedliche Wünsche der Lobbygruppen
Verschiedene Lobbyverbände hatten sich in der Unsicherheit über neue Regeln einen Schlagabtausch geliefert, wie die Förderrente ausgestaltet werden sollte. Die Versicherungswirtschaft beharrte auf Garantien und einer Verrentungspflicht. Diese passen besser zu ihrem klassischen Geschäftsmodell. Dagegen hatten die Fondsgesellschaften eine Öffnung gefordert, die ihnen den Eintritt in den Markt erleichtern würde. Eine vereinfachte Zusatzrente sei eine Chance, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Versichererverbands GDV. „Entscheidend ist, dass sie bis zum Lebensende trägt – sonst drohen Versorgungslücken und wachsende Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme.“
Damit spielte er darauf an, dass im neuen Modell auch zeitlich befristete Zahlungen möglich sein sollen, die mindestens bis zum 85. Lebensjahr reichen. Das aber würde eine Vielzahl von Menschen vor Herausforderungen stellen, die weit älter werden. Auch das bankenfinanzierte Deutsche Institut für Altersvorsorge sieht hier noch Nachholbedarf. Dieses Mindestauszahlalter müsse an die steigende Lebenserwartung angepasst werden, sagte Institutssprecher Peter Schwark, der früher für den GDV tätig war. „Es ist etwas fragwürdig, dass der Auszahlplan schon mit 85 enden soll. Das werden mehr als Hälfte der Männer und Frauen erleben“, sagte er.
Anbieter rechnen mit schnellem Neustart für den Markt
Ansonsten erwarten sowohl Asmussen als auch Schwark, dass der Markt nun dynamisch durchstarten könne. Darin sind sie sich mit dem Fondsverband BVI einig. „Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt, damit die Menschen ihre wachsende Rentenlücke verringern können“, sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. „Sie ist eines unserer größten volkswirtschaftlichen Probleme.“ Positiv sei, dass die Politik sich entschieden habe, diese Reform umzusetzen, bevor die Frühstartrente für Kinder von sechs bis 18 Jahren eingeführt wird. Deutschland schließe zu anderen Ländern auf.
Ein wichtiger Aspekt ist eine Kostenbegrenzung. Verträge sollen Kunden nicht mehr als 1,5 Prozent der Beitragssumme kosten. Die Abschlusskosten sollen über die gesamte Laufzeit verteilt werden, sodass zwischenzeitliche Anbieterwechsel erleichtert werden. Die neuen Regeln sollen auch für Bestandskunden mit einem alten Riester-Vertrag gelten, sofern sie sich zu einem Wechsel ins neue Regime entschließen. Für die Kapitalanlage wird ein Altersvorsorgedepot errichtet, in dem Kunden mit 80-prozentiger, vollständiger oder ganz ohne Garantie anlegen können. Verbraucher sollen keinen Mindestbeitrag mehr berechnen müssen, sondern für jeden eingezahlten Euro unter einem Höchstbetrag gibt es eine prozentuale Förderung.
