Richtfest für Museum „berlin modern“: Ein Elefant für die Kunst

Gut 500 Millionen Euro soll das Gebäude auf dem Kulturforum am Potsdamer Platz in Berlin kosten, das zuerst „Museum der Moderne“, dann „Museum des 20. Jahrhunderts“ hieß und nach langem Gerangel jetzt „berlin modern“, unter Brüdern aber weiterhin „die Scheune“ heißen wird – aber bislang war vom teuersten deutschen Museum aller Zeiten nicht viel mehr zu sehen als ein grauer, gebirgsartiger Beton-Trumm hinter Lattenzäunen.

Jetzt aber ist der Rohbau fertig, und deshalb gab es am Freitag ein Richtfest mit Performance, Musikbegleitung und Festreden, in denen alle, die sprachen – der Kulturstaatsminister, die Preußenstiftungspräsidentin, der Architekt, der Baubehördenleiter, die Direktoren der beteiligten Museen – wieder einmal die Offenheit, den Campus-Charakter, die Zugänglichkeit und Transparenz des Halbmilliarden-Projekts hervorhoben.

Steinerne Kästen für fluide Künste

Warum dann aber der Betonberg? Weil genau darin der Widerspruch der deutschen Kulturpolitik liegt: Sie baut falsche Barockschlösser und steinerne Riesenkästen, um darin der Weltläufigkeit, Grenzenlosigkeit und Fluidität der Künste zu huldigen. Sie errichtet der ästhetischen Revolution gewaltige Grabmäler. Im Fall des „berlin modern“ hat sie eine brachliegende Piazza mit einem elefantösen Satteldachbau versiegeln lassen, der sich wiederum alle Mühe gibt, im Inneren alle Vorzüge einer Piazza zu bieten: Wandelhallen, Ruhezonen, Tageslicht, ein Café, ein Restaurant, ein Kino. Um diese Simulation eines städtischen Raums, die im Rohzustand wie die Kulisse einer Science-fiction-Serie wirkt, kreisen die Museumsräume wie Planeten um einen erloschenen Stern.

Simulation eines städtischen Raums: Computeransicht des fertigen Museums „berlin modern“
Simulation eines städtischen Raums: Computeransicht des fertigen Museums „berlin modern“Herzog de Meuron

Die filigran verpuzzelte Installation „Das Kapital“ von Beuys soll in einem zehn Meter hohen Saal unterkommen, in den von ganz oben ein Streifen Licht fällt wie in eine Aufbahrungshalle. Für das Werk Gerhard Richters sind gar 460 Quadratmeter in einem Kubus über der Eingangshalle reserviert. Dabei wird nur knapp die Hälfte der 16.000 Quadratmeter Nutzfläche überhaupt museal genutzt. Aber für die Säulenheiligen der deutschen Kunst ist eben nichts zu viel. So knausert und verschwendet der Bau seine Flächen zur gleichen Zeit.

Dasselbe gilt für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz insgesamt, deren Sammlungen zur klassischen Moderne hier ab 2029 Anker werfen sollen. Wenn die Pessimisten Recht behalten, könnte der Bau bis dahin glatt 600 Millionen Euro verschlingen. Die Stiftung aber hat jährlich nur ein hundertstel dieser Summe für sämtliche Ausstellungen der Staatlichen Museen zur Verfügung.

Der Kulturtanker, der keiner sein will, wird auf diese Weise immer breiter, aber keinen Deut mobiler. Dabei haben die Museen in aller Welt längst damit begonnen, ihre Sammlungen in Bewegung zu bringen. Die Kunst drängt aus den Scheunen auf die Felder, sie sucht Kontakt. Nur in Deutschland träumt man immer noch vom MoMa an der Spree. Vergebens.