Wenn im gottlosen Berlin ausgerechnet die Anarchisten der Volksbühne ein Krippenspiel zur Weihnachtszeit aufführen, könnte man schlimme Blasphemien und satanische Verve befürchten. Aber diesmal stehen, anders als bei der Premiere von Florentina Holzingers schwarzer Messe „Sancta“, keine fundamentalistischen Christen vor dem Theater, um die gotteslästerlichen Künstler ins Fegefeuer zu wünschen. Richtig radikal wäre es natürlich, wenn die Volksbühne das mit dem Krippenspiel ernst meinen und in aller Besinnlichkeit die Ankunft des Herrn und den Frieden auf Erden (oder wenigstens die Hoffnung darauf) preisen würde. Und zumindest in diese Richtung geht der Abend tatsächlich: Polemik gegen das Christentum wäre der Volksbühne entschieden zu billig. Eher sucht sie im Glauben eine Art Verbündeten, der sich wie das Theater der puren Dominanz des Markts verweigert. Christian Filips, der Autor und Regisseur der beschwingten Revue „Proprietà Privata. Die Influencer Gottes kommen!“ hat sich für seine Show offenbar so einiges vorgenommen. Auftritt Sophie Rois, beziehungsweise: „die heilige Sophie“. An diesem Abend wird sie unter anderem den heiligen Franz von Assisi spielen, sozusagen ein christlicher Bruder im Geiste aller Anarcho-Hippies, die das Privateigentum für den Grund allen Übels halten. Aber natürlich spielt Rois auch eine himmlische Country-Musikerin und vor allem sich selbst. Mit lässiger Grandezza verkündet sie im schönsten, angerauten Sophie-Timbre, also irgendwo zwischen Barrikadenkämpferin und Salon-Diva, dass der Kapitalismus sie mal gernhaben kann: „Privatisiert oder nicht – ich will auf dieser Bühne ein verdammtes Krippenspiel sehen.“
