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Das Restless-Legs-Syndrom verursacht ziehende Schmerzen in den Beinen – vor allem abends und nachts. Die unruhigen Beine führen zu Schlafstörungen. Ein Selbsttest gibt Hinweise, um die Erkrankung zu erkennen.
Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) kennzeichnen vor allem Symptome wie ständige Unruhe, Zucken, Brennen, Kribbeln und ziehende Schmerzen in den Beinen nachts – Betroffene können kaum ruhig sitzen, in Ruhe entspannen. Die Beschwerden können beidseitig oder auch abwechselnd im linken oder rechten Bein auftreten. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, insgesamt zeigen bis zu zehn Prozent der Menschen in Deutschland Zeichen eines RLS und bei etwa zwei Prozent ist der Leidensdruck so stark, dass sie behandelt werden sollten. Meist treten Beschwerden durch das RLS im mittleren Lebensalter auf.
Typisches RLS-Symptom: Missempfindungen in Ruhe
Unruhige, zuckende, ziehende, schmerzende, brennende oder juckende Beine: Die Beschwerden beim Restless-Legs-Syndrom werden ganz unterschiedlich beschrieben. Sie tauchen meist im Sitzen und Liegen auf, wenn sich die Betroffenen ausruhen. Auch bei längeren Wartezeiten im Sitzen oder beim Autofahren zeigen sich typischerweise die ziehenden Schmerzen oder ein Kribbeln. Betroffene beschreiben die Beschwerden oft wie laufende Ameisen unter der Haut.
Schlafstörungen und psychische Belastung durch RLS
Das RLS führt fast immer zu Schlafstörungen. Die Beschwerden behindern sowohl das Einschlafen als auch das Durchschlafen. Schlafmangel und Tagesmüdigkeit sind die Folgen. Langfristig kann dies zu körperlicher Erschöpfung führen.
Weil stilles Sitzen für Betroffene kaum möglich ist, werden Aktivitäten wie Kino- oder Theaterbesuche, Einladungen oder Reisen immer weiter eingeschränkt. Die Erkrankung hat häufig ernstzunehmende zwischenmenschliche und psychische Auswirkungen:
- Konflikte in der Partnerschaft
- soziale Isolation
- psychische Belastung
- depressive Symptome
Restless-Legs-Syndrom: So zeigen sich die Symptome
Die Missempfindungen und Schmerzen in den Beinen beim Restless-Legs-Syndrom haben besondere Kennzeichen. Diese Punkte geben wichtige Hinweise für die Diagnose.
- Die Beschwerden sind abends oder nachts schlimmer als tagsüber.
- Betroffene können kaum ruhig sitzen, stehen häufig auf und laufen herum (Bewegungsdrang).
- Die Beschwerden gehen bei Bewegung oder Dehnung zurück.
- Kribbeln und ziehende Schmerzen in den Beinen können einseitig, beidseitig oder auch abwechselnd auf der einen oder anderen Seite auftreten.
- Neben den Beinen können auch die Arme oder selten die Brustwand betroffen sein. Ein Restless-Legs-Syndrom verläuft häufig in Schüben, während derer sich die Beschwerden verschlimmern.
Selbsttest und Diagnose bei Restless Legs
Oft wird ein Restless-Legs-Syndrom erst spät erkannt, denn es gibt keine Laborwerte oder Röntgen-Befunde, die die Diagnose eindeutig absichern. Die ausführliche Anamnese ist am wichtigsten, wobei die typischen Beschwerden abgefragt werden. Die ärztliche Leitlinie nennt dabei auch einen zwanghaften Bewegungsdrang. Damit ist gemeint, dass Betroffene in Ruhe den Impuls haben, aufzustehen und herumzulaufen. Doch nicht alle Menschen mit RLS nehmen den Bewegungsdrang bewusst wahr und schildern ihre Symptome anders. Viele merken allerdings, dass die Bewegung guttut. Der Arzt oder die Ärztin sollten im Gespräch genau nachfragen, denn das Nachlassen der Beschwerden in Bewegung ist ein entscheidender Hinweis für die richtige Diagnose. Der Selbsttest der Deutschen Restless Legs Vereinigung kann wichtige Hinweise geben und zur Vorbereitung auf den Arztbesuch genutzt werden.
Verwechslungsgefahr: Andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen
Ziehende Schmerzen in den Beinen und Missempfindungen können auch Zeichen von anderen Erkrankungen sein. Diese dürfen einerseits nicht übersehen werden, können aber andererseits auch von der Diagnose RLS ablenken. Ein RLS wird nur diagnostiziert, wenn die folgenden Erkrankungen nicht als Ursache der Beschwerden infrage kommen.
- Bandscheibenvorfall mit Schmerzausstrahlung
- Polyneuropathie, Störungen und Erkrankungen der Beinnerven
- Nervenschmerzen
- Schaufensterkrankheit (pAVK, periphere Verschlusskrankheit, eine Gefäßerkrankung mit Durchblutungsstörung der Beine)
- Venenleiden wie Krampfadern
- Muskelerkrankungen, Muskelkrämpfe
- Gelenkentzündungen, Fehlstellungen der Gelenke
- Fußwippen als Gewohnheit
- Außerdem sollten andere Ursachen für Schlafstörungen, Depressionen oder Angsterkrankungen ausgeschlossen werden.
- RLS kann auch als Nebenwirkung bestimmter Medikamente auftreten, beispielsweise durch Neuroleptika oder Antidepressiva wie Mirtazapin, evtl. Citalopram, Paroxetin, Venlafaxin. Nicht selten werden RLS-Beschwerden wie Schlafstörung, Tagesmüdigkeit und Erschöpfung für Anzeichen einer Depression gehalten und Ärztinnen und Ärzte verordnen Antidepressiva. Doch die helfen Betroffenen mit einem Restless-Legs-Syndrom nicht, im Gegenteil, sie verstärken die Symptome.
Ursachen und Risiken für das Restless-Legs-Syndrom
Das Restless-Legs-Syndrom ist in Deutschland nach Migräne die zweithäufigste neurologische Erkrankung. Bislang konnten die Ursachen nicht eindeutig geklärt werden, aber:
- Man geht davon aus, dass es sich beim Restless-Legs-Syndrom in erster Linie um eine Störung des Botenstoffwechsels im Gehirn handelt: Der Botenstoff Dopamin wird dabei entweder nicht ausreichend produziert oder vom Nervensystem nicht richtig verwertet. Bei einem gestörten Dopamin-Stoffwechsel werden Bewegungsimpulse im Schlaf oder in Ruhe nicht mehr ausreichend unterdrückt und ungefiltert an die Muskeln weitergeleitet.
- Der Eisenstoffwechsel spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Viele Menschen mit einem Restless-Legs-Syndrom haben einen Eisenmangel.
- Eine genetische Veranlagung begünstigt das Restless-Legs-Syndrom. Wenn Verwandte ersten Grades (die eigenen Eltern oder Kinder) erkrankt sind, ist das Erkrankungsrisiko erhöht. In einer Studie wurden mehrere Gene identifiziert, die beteiligt sind.
- Wer bereits an einer Nierenschwäche, an einer Polyneuropathie oder einer Parkinsonerkrankung leidet, hat ein erhöhtes Risiko, gleichzeitig ein Restless-Legs-Syndrom zu entwickeln. RLS und Parkinson sind aber unterschiedliche Krankheiten. Menschen mit RLS haben kein erhöhtes Risiko für eine Parkinsonerkrankung.
RLS: Wann ist das Schlaflabor für Diagnose hilfreich?
Für die Diagnose einer Restless-Legs-Erkrankung ist eine Untersuchung im Schlaflabor nicht zwingend notwendig. Bei Menschen mit Schlafstörungen unklarer Ursache kann eine nächtliche Überwachung in einem zertifizierten Schlaflabor jedoch hilfreich sein. Bei der sogenannten Polysomnographie werden Hirnströme, Beinbewegungen und die Atmung im Schlaf aufgezeichnet, um Erkrankungen wie beispielsweise Schlafapnoe zu entdecken. Nicht selten fallen erst im Schlaflabor die unruhigen Beine als sogenannte periodische Beinbewegungen im Schlaf (PLMS) auf und lenken den Verdacht auf RLS. Die spontanen zuckenden Bewegungen der Beine stören die wichtigen REM-Tiefschlafphasen. Der Schlaf der Betroffenen ist nicht erholsam, selbst wenn sie nicht bei jedem Zucken erwachen.
Behandlung des RLS: Von Eisen bis Sport
Ausreichend Eisen ist eine wichtige Voraussetzung für die Herstellung des körpereigenen Dopamins. Wenn wichtige Eisenwerte im Blut zu niedrig sind, wird bei RLS mit einer Eisentherapie begonnen (Ferritin unter 75 Milligramm pro Liter, Transferrinsättigung unter 20 Prozent). Reichen Tabletten nicht aus, kommen Eiseninfusionen infrage. Die Eisenwerte im Blut müssen regelmäßig kontrolliert und die Therapie entsprechend angepasst werden.
Weitere Informationen
Folgende nicht-medikamentöse Verfahren zeigten sich in wissenschaftlichen Untersuchungen wirksam und werden in der aktuellen RLS-Leitlinie empfohlen:
- Bewegungstraining wie Fahrradfahren und Yoga
- Elektrostimulation über die Haut (Reizstrom)
- Infrarotlicht-Therapie
Individuell herausfinden, was Linderung gegen RLS bringt
Wichtig ist: Die Betroffenen müssen individuell herausfinden, was ihnen guttut. Dabei können weitere Reiz- und Bewegungsbehandlungen individuell hilfreich sein, vieles davon auch als Soforttherapie.
- Kneipgüsse, Beinmassagen,
- Kältekammer Behandlung mit Fußmassagegeräten
- Training auf einem Vibrationsboard
- Dehnungsübungen
Regelmäßige eisenreiche Mahlzeiten werden zur ganzheitlichen Behandlung ebenso empfohlen wie Bewegung und Entspannung. Insbesondere zur Verbesserung des Schlafs können Entspannungsverfahren und eine regelmäßige Tagesstruktur beitragen.
Weitere Medikamente beim Restless-Legs-Syndrom
Wenn Eisen, Bewegung und Reiztherapien nicht ausreichend helfen, werden folgende Medikamente eingesetzt:
- Dopaminagonisten
- Dopaminpflaster
- Antiepileptika
- Opiate
Bei den meisten Menschen mit Restless Legs lässt sich der Dopaminmangel für eine gewisse Zeit mit niedrig dosierten Parkinson-Medikamenten (Dopaminagonisten) ausgleichen. Doch eine kontinuierlich medikamentöse Therapie sollte laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) erst so spät wie möglich erfolgen. Denn es besteht die Gefahr, dass sich der Körper mit der Zeit an die Medikamente gewöhnt und die Symptome dann sogar verstärkt zurückkommen. Expertinnen und Experten sprechen dann von einer Augmentation.
Ob die bestehende Behandlung noch ausreichend ist, können Patientinnen und Patienten mit Hilfe eines Fragebogens im Selbsttest prüfen – das kann ein erster wichtiger Schritt für notwendige Therapieanpassungen sein.
Expertin und Experte aus dem Beitrag
Weitere Informationen
Deutsche Restless Legs Vereinigung
Patientenleitlinie 2023 Restless Legs Syndrom
Deutsche Schmerzgesellschaft
Deutsche Gesellschaft für Neurologie
Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)
Weitere Informationen
