

Diese Koalition will es offenbar doch besser machen als ihre Vorgängerin. Zwar erinnern Vorspiel und Ergebnis des jüngsten Koalitionsausschusses ein wenig an die Ampelkoalition – erst die große Krise, dann die Beteuerung, so handlungsfähig wie keine andere Koalition zu sein. Aber Schwarz-Rot will und muss mehr erreichen, als sich von Knatsch zu Knatsch einer Dreiecksbeziehung zu hangeln.
Dafür steht nun die Rentenkommission, die das deutsche Rentensystem von Grund auf reformieren soll und als Tagesordnung schon einmal einen Entschließungsantrag mit auf den Weg bekommt, der die Junge Gruppe in der Unionsfraktion beruhigen soll. Wenn die jungen Rebellen ehrlich sind, bekommen sie damit nicht das, was sie erreichen wollten: eine Änderung im Gesetzentwurf aus dem Sozialministerium von Bärbel Bas, die zurücknimmt, was für die Jahre nach 2031 dort an zusätzlichen Belastungen für die Beitragszahler eingeplant ist.
Wie weit trägt der Entschließungsantrag?
Stattdessen enthält der Entschließungsantrag vage Formulierungen, die den Nachhaltigkeitsfaktor, das Renteneintrittsalter und andere Elemente berühren, ohne die Arbeit der Kommission vollends vorwegzunehmen. Der Text wird zudem auch der SPD dazu dienen, ihren Teil der Reformen festzuzurren, die nicht immer nur Entlastung bedeuten. Wie sollte es nach den Erfahrungen der letzten Wochen anders sein?
Wie die zusätzlichen Belastungen, die in der kommenden Woche beschlossen werden sollen, durch ein Reformpaket, das schon 2026 in Angriff genommen werden soll, neutralisiert werden können, steht einstweilen in den Sternen. Die Arbeit der Kommission ist zudem nur der einfache Teil. Wer sich derart über den Koalitionsvertrag verzankt, hat große Schwierigkeiten, glaubwürdig zu vermitteln, er könne sich auf ein großes, grundlegendes Reformwerk einigen.
Werden die Jungen nächste Woche im Bundestag also zustimmen? Sie werden, wie der Rest der Unionsfraktion schon vor ihnen, zu dem Ergebnis kommen müssen, dass der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dem Dach. Zumal für die Union dort oben gar keine sitzt. Sie müsste die Koalition infrage stellen. Das will und sollte sie aber nicht.
Das Ende der Koalition ist keine Option
Denn es stürzte Deutschland in ein Chaos, das den politischen Rändern zugutekäme. Die warten nur darauf, dass die Stagnation, in der sich das Land befindet, möglichst lange anhält. Gedankenspielereien über eine Öffnung der Union in Richtung zur AfD lenken vielleicht vom Ärger über die Hartnäckigkeit der SPD ab. Einen realistischen Ausweg bieten sie aber nicht. Die AfD stellt sich derzeit nicht einmal so auf, dass sie als Gesprächspartner taugen würde.
„Hartnäckigkeit zahlt sich aus“, sagte Markus Söder bei der Vorstellung der Ergebnisse der Nachtsitzung der Koalition – sicher nicht, um die jungen CDU-Abgeordneten zu ermuntern. Vielmehr war das auf den Verbrenner gemünzt, dessen Ende nach dem Willen der Koalition nicht ganz so abrupt besiegelt werden soll, wie es die europäische Klimapolitik will.
Wie viel vom traditionellen Motor über das Jahr 2030 erhalten bleiben soll, steht noch nicht fest. Friedrich Merz hat einen Brief an seine Parteifreundin, die Kommissionspräsidentin in Brüssel, aufgesetzt, der viel Spielraum lässt – für die deutsche Autoindustrie, aber auch für die EU-Kommission. Was am Ende „Hybrid“ heißt und wie viel davon klassischer oder E-Fuel-Verbrenner ist, sollte der CO2-Preis entscheiden, nicht willkürliche Verbotspolitik.
Dass die SPD der Union beim Aus für das Verbrenner-Aus entgegenkommen musste, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Eigentlich sollte es die Arbeiterpartei sein, die, wie Merz kürzlich in Stuttgart, die Panik der Belegschaften der Auto- und Zuliefererindustrie registriert und offensiv umsteuert. Aber es ist umgekehrt, auch hier stand sie auf der Bremse, und CDU und CSU profilieren sich als die Retter des deutschen Industriestandorts. Sie können es getrost den Post-Materiellen überlassen, nun gegen den angeblichen Rückschlag im Klimaschutz aufzuheulen. Es ist die richtige, überfällige Kurskorrektur.
Nebenbei sichert sich die CDU damit eine gute Ausgangsposition für die Wahl in Baden-Württemberg. Der Wahlkampf dort wird zeigen, dass Rente, Verbrenner, Klimaschutz und Wirtschaft durchaus etwas miteinander zu tun haben. Das eine lässt sich ohne das andere nicht stemmen: die Rente nicht ohne eine Wirtschaftsleistung, die vorerst leider nicht in Sicht ist, der Klimaschutz nicht ohne Wettbewerbsfähigkeit, die erst wieder hergestellt werden muss. Beides geht nicht ohne die traditionelle industrielle Grundlage. Um dieses Einmaleins deutscher Erfolge zu verteidigen, wünscht man sich manchmal, dass CDU und CSU in einem Punkt von der SPD lernen würden: von deren Bockigkeit.
