Rente: Junge Union erteilt Merz Absage – Klingbeil legt aus China nach

Im Koalitionsstreit über das geplante Rentenpaket verhärten sich die Fronten. Nachdem die SPD jegliche Änderung an dem Gesetzentwurf der Regierung abgelehnt hat, beharren die jungen Unionspolitiker auf ihren Einwänden dagegen. „Die Junge Union (JU) hat deutlich gemacht, dass sie die Position der Jungen Gruppe im Bundestag unterstützt“, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Nachwuchsorganisation, Johannes Winkel, am Montag der F.A.Z.

Winkel bekräftige die Bereitschaft, den Kern der Vereinbarung im Koalitionsvertrag mitzutragen. Er zielt darauf, den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel bis zum Jahr 2031 auszuschalten, damit die Renten stärker steigen. „Das tut uns weh, aber wir stehen zum Koalitionsvertrag“, sagte er.

Allerdings lehnt es die JU weiterhin ab, mit demselben Gesetz dauerhaft erhöhte Rentenausgaben festzuschreiben. „Welche Zusatzkosten für die Zeit nach 2031 entstehen, das muss in einer offenen und umfassenden Diskussion in der Rentenkommission beantwortet werden“, mahnte Winkel. „Wenn es zu einer echten Rentenreform kommen soll, dürfen wir uns bei wesentlichen Fragen nicht jetzt schon festlegen – ohne dass es eine Gegenfinanzierung gibt.“ Darüber „müssen wir nun im Deutschen Bundestag in der Koalition sprechen“.

Merz lehnt Minterheitsregierung ab

Dem Regierungsentwurf zufolge würden die Renten bis 2031 um zwei Prozentpunkte stärker steigen als nach heutigem Recht. Die Forderung der JU zielt darauf, diese Zusatzerhöhung nicht gleich dauerhaft zu garantieren, da dies Mehrausgaben von gut 100 Milliarden Euro in den Jahren 2032 bis 2040 auslösen würde.

Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) bekräftigte jedoch die Position seiner Partei. Es sei alles besprochen „und von meiner Seite kann das jetzt beschlossen werden“, sagte er in Peking, wo er gegenwärtig am deutsch-chinesischen Finanzdialog teilnimmt. Bundesjugendministerin Karin Prien (CDU) plädierte hingegen dafür, die Abstimmung im Bundestag zu verschieben.

Bundeskanzler Friedrich Merz trat indessen Spekulationen über eine mögliche Minderheitsregierung nach einem Platzen der Koalition entgegen. „Das ist aus meiner Sicht ausgeschlossen, so etwas zu machen“, sagte er auf dem Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“. „Glaubt denn irgendjemand ernsthaft, wir könnten in diesem Deutschen Bundestag mit wechselnden Mehrheiten arbeiten und da noch vernünftige Gesetzgebungsarbeit machen?“

Linke halten Zustimmung offen

Worum geht es in dem Rentenstreit? Die jüngeren Abgeordneten akzeptieren, dass der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel wie verabredet bis einschließlich 2031 ausgesetzt wird. Dieser soll eigentlich die Rentenanpassungen dämpfen, wenn sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern verschlechtert, um Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht zu überfordern. Die Abgeordneten fordern, sich im Jahr 2032 an dem zu orientieren, wo man ohne den Eingriff in die Rentenformel stehen würde. Rentenkürzungen sind im Rentenrecht ausgeschlossen.

Aber über ein paar Jahre würde die Erhöhungen geringer ausfallen, um das nachzuholen, was ausgesetzt wurde. Die SPD lehnt ein solches Vorgehen kategorisch ab. Sie will schlichtweg auf dem erhöhten Rentenniveau ansetzen – und es dort auch belassen. Die Junge Gruppe hat 18 Mitglieder.

Ohne diese Abgeordneten haben Kanzler und Koalition keine eigene Mehrheit im Bundestag. Selbst wenn eine Oppositionspartei auf die Idee käme, mit Schwarz-Rot zu stimmen, läge mehr als ein Schatten auf dem Bündnis. Wenn es in einer zentralen Frage sich allein als nicht handlungsfähig erweist, wird jede weitere Abstimmung zur Zitterpartie.

Grüne kritisieren Spahn

Es ist die Aufgabe der beiden Fraktionsvorsitzenden, Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD), Mehrheiten zu organisieren. Freies Mandat hin oder her, in der Realität wird durchaus Druck auf Abgeordnete ausgeübt. Ein „Umfallen“ der Jungen Gruppe wäre für die Mitglieder mit einem Gesichtsverlust verbunden. Daher braucht es mehr. Man kann davon ausgehen, dass hinter den Kulissen schon händeringend nach einem Konsens gesucht wird. In der Regierung machen das üblicherweise Kanzleramtsminister Thorsten Frei, Finanzstaatssekretär Björn Böhning (SPD) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU).

Der Verweis des Kanzlers auf die Arbeit der Rentenreformkommission dürfte nicht ausreichen. Warum sollte die SPD später dem zustimmen, was sie jetzt hart ablehnt? Als aussichtsreicher gilt in der Unionsfraktions, was Merz am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ andeutete: Eine verbindliche Verabredung im Gesetz selbst oder einem parallel verabschiedeten Antrag, wie der Kostenanstieg in der Sozialversicherung ausgeglichen werden soll.

Wenn das konkret und belastbar ist, könnte das die Brücke für die jüngeren Mitglieder der Unionsfraktion sein. Die Frühstarterrente und Aktivrente sind da kaum Posten, die zählen. Der staatlich unterstützte Aufbau einer privaten Altersvorsorge für Kinder und die Steuervergünstigung für Arbeitnehmer im Rentenalter sind längst eingepreist. Entlastungen für Beitragszahler bedeuten diese Änderungen allesamt nicht.

Gibt es einen Ausweg, wenn Union und SPD keine eigene mehrheit zustande bringen? Der Kanzler kann nicht darauf bauen, dass die Grünen einspringen und für eine Mehrheit sorgen werden. „Das Rentengesetz ist völlig unzureichend, dem werden wir Grüne nicht zustimmen“, sagte Fraktionsvize Andreas Audretsch der F.A.Z. – und er fügte hinzu: „Friedrich Merz entgleitet der Streit um die Rente völlig. Mit Ansage.“ Jens Spahn entwickelt sich nach seinen Worten „zum schlechtesten Fraktionsvorsitzenden aller Zeiten“. Audretsch sprach sich dafür aus, das Rentenniveau dauerhaft bei 48 Prozent zu stabilisieren, um Altersarmut zu verhindern. „Zugleich braucht es nach seinen substanzielle Reformen. Die Kosten dürfen nicht einfach der jungen Generation aufgebürdet werden.“

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann sagte der F.A.Z., seine Fraktion werde keiner weiteren Verschlechterung des Systems zustimmen. Er forderte Spahn auf, dafür sorgen, dass der Gesetzentwurf zur Stabilisierung des Rentenniveaus durchgeht. Seit seiner Absenkung auf 48 Prozent habe sich das Altersarmutsrisiko fast verdoppelt. „Es geht also um ein absolutes Minimum.“ Gerecht wäre eine Erwerbstätigenversicherung in die alle einzahlen – also auch Beamte, Selbständige, Politiker. Dann wären stabile Beiträge und ein Rentenniveau von 53 Prozent finanzierbar.