Rennen auf dem Nürburgring: Max Verstappen siegt sogar im Ferrari – Sport

An der Tankstelle Döttinger Höhe werden sie kaum müde, darüber zu lächeln, wenn der Marina Bay Street Circuit als Schicksalsstrecke für Max Verstappen und dessen Ambitionen auf den Weltmeistertitel in der Formel 1 bezeichnet wird. Singapur liegt rund 10 000 Kilometer entfernt von der Eifel, und für die Fans an der Tanke gibt es ohnehin nur eine Piste, die sie akzeptieren. Die Freunde des Nürburgrings sind unter allen Motorsportlern Deutschlands so etwas wie die Ultras.

Wobei unter dem Code-Wort „Ring“ nicht unbedingt die Grand-Prix-Strecke gemeint ist, die im ersten Corona-Jahr als Ersatzort noch einmal befahren wurde, sondern jene Berg-und-Tal-Bahn, für die vor ziemlich genau 100 Jahren der Grundstein gelegt worden war. Seither zieht sich die Nordschleife durch die Vulkanlandschaft, berüchtigt und berühmt; für den Grand-Prix-Sport war auf den 20,8 Kilometern allerdings nach Niki Laudas Feuerunfall im Jahr 1976 Schluss.

Doch der Ring hat nichts von seiner Magie verloren, ist nahezu jedes Wochenende Schauplatz von Sport- und Tourenwagenrennen. Besonders populär sind die Langstreckenrennen der NLS-Serie, offiziell als Breitensport angelegt. Aber die Hobbyrennfahrer dort sind echte Profis. Die Faszination ist groß, die Gefahr nach wie vor beträchtlich. Weshalb auch jemand wie Max Verstappen nicht einfach seine Superlizenz hinlegen und dann losrasen durfte, nur weil er 67-mal ein Rennen in der Formel 1 gewonnen hat. Könnte ja jeder kommen. Stichwort: grüne Hölle.

Verstappen träumt von einem Start beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans

Um mit leistungsstarken Rennwagen auf der vielleicht anspruchsvollsten Strecke der Welt seine Runden drehen zu dürfen, musste Verstappen eine Art Fahrschule belegen. Immerhin, die Theoriestunden, die andere Kandidaten im Klassenraum absitzen müssen, wurden während einer Runde in einem Kleinbus mit einem Instruktor abgearbeitet, anschließend musste er dem Prüfer mit einem Sportwagen brav hinterherfahren, so das Prozedere. Grund dafür sind die besonderen Streckenmerkmale, andere Flaggensignale, vor allem aber die unterschiedlichen Leistungsstärken der Autos, die in einem Rennen aufeinandertreffen.

Mit Siegerkranz und einem leisen Lächeln der Zufriedenheit: Max Verstappen, Sieger auf der Nordschleife des Nürburgrings, liebt Autorennen und die Rennhistorie.
Mit Siegerkranz und einem leisen Lächeln der Zufriedenheit: Max Verstappen, Sieger auf der Nordschleife des Nürburgrings, liebt Autorennen und die Rennhistorie. (Foto: ANP/Imago)

Schließlich musste sich der Red-Bull-Pilot in einem Porsche Cayman GT4 während eines Rennens als würdig für die Speziallizenz erweisen; als Rookie durfte er nur in einem gedrosselten Fahrzeug sitzen, was etwa 300 PS bedeutet – und etwa einem Drittel dessen entspricht, was er im Formel-Auto hinter sich hat. Der vorgeschriebene Einsatz in einem zweiten Auto fiel flach, weil dieses einen Trainingsunfall erlitten hat, aber dank Promi-Bonus drückten die Verantwortlichen ein Auge zu: Aus dem „Permit B“ wurde ein „Permit A“, und damit war Verstappens Weg frei. Der Niederländer, sonst für jeden Kampf mit Funktionären zu haben, klagte keineswegs über die deutsche Rennbürokratie, sondern bedankte sich für die Hilfsbereitschaft.

Damit war die Wochenendgestaltung des Niederländers, der in dieser Woche 28 Jahre alt geworden ist, gerettet. Zwischen den Formel-1-Rennen in Baku und Singapur ging er auf dem Nürburgring beim ADAC Barbarossapreis an den Start. Das Resultat entsprach etwa dem, was er von sich selbst erwartete, nachdem er sich zuvor durch zwei Formel-1-Siege nacheinander wieder selbst ins Titelrennen der Königsklasse bugsiert hat: In einem Ferrari 296 GT3 gewann er zusammen mit Teamkollege Chris Lulham auf Anhieb beim Vier-Stunden-Rennen, Vorsprung 24,496 Sekunden. Hattrick perfekt.

Zwischenzeitlich hatte Verstappen sogar eine Minute Abstand zum Zweiten herausgefahren. Um gleich den Streckenrekord zu brechen, waren die Bedingungen aber zu schlecht. „Es war super“, bilanzierte Verstappen dennoch: „Ich glaube, ich habe keinen großen Fehler gemacht. Hoffentlich fahre ich im nächsten Jahr hier noch ein paar Rennen. Aber natürlich würden wir gern bei den 24 Stunden antreten.“ Vom Terminplan her kein Problem, der Klassiker Mitte Mai liegt zwischen zwei Formel-1-Rennen. Dort ganz vorn mitzufahren, gilt als Ritterschlag im Tourenwagensport.

Es ist die pure Lust am Rennfahren, die Verstappen antreibt

Die Resonanz auf Verstappens Ausflug war groß, in den sozialen Medien wird genüsslich zelebriert, dass die in der aktuellen Formel 1 bislang erfolglosen Italiener auf diese Weise endlich ihren ersten Saisonsieg hätten feiern können. Verstappens Grinsen darüber dürfte so echt sein wie das auf den Fotomontagen im roten Rennanzug. Es ist die pure Lust am Rennfahren, die ihn vom offenen Auto in eines mit Dach getrieben hat. Erst neulich hat er angehenden Piloten mit auf den Weg gegeben: „Alle träumen von der Formel 1, aber ich rate auch immer dazu, sich alle Optionen offenzuhalten.“

Er selbst hat seine Erfahrungen in anderen Serien vornehmlich in Simulationsrennen gesammelt, im populären E-Racing besitzt er das Team Redline Sports, die künftigen haptischen Aktivitäten sind unter dem Rennstalldach Verstappen.com Racing gebündelt. Dort werden als Fahrer auch sein Vater Jos und Thierry Vermeulen, der Sohn seines Managers Raymond Vermeulen, angegeben, der in der DTM startet. „Rennfahren ist nicht nur mein Beruf, sondern auch mein Hobby“, sagte Verstappen. Er machte keinen Hehl daraus, dass nach der Nordschleife zeitnah auch die 24 Stunden von Le Mans auf seiner Wunschliste stehen.

Einen Partner, mit dem er das Auto teilen würde, hat er schon gefunden – im Fahrerlager der Formel 1: Grand-Prix-Senior Fernando Alonso, der den Marathon in Frankreich 2018 auf Anhieb gewinnen konnte. „Ich habe schon mit Fernando darüber gesprochen“, schwärmt Verstappen: „Er hat mir gesagt, dass er mit mir noch einmal antreten würde. Wow, das wäre wirklich cool.“