
Nach anhaltender Kritik hat der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau am Montag seinen Rücktritt als Vorsitzender der Liberalen Partei und als Ministerpräsident angekündigt. Das sagte Trudeau am Montag auf einer Pressekonferenz in Ottawa. Trudeau begründete den Schritt mit dem derzeit „gelähmten“ Parlament. Er beziechnete sich mehrmals als „Kämpfer“, aber er sei nicht mehr in der Lage, die Liberale Partei in eine Wahl zu fühlen.
Seine Ämter als Partei- und Regierungschef wird Trudeau aber erst abgeben, wenn die Liberalen einen Nachfolger gewählt haben. Damit hat sich Trudeau gegen die Option eines von manchen in der Partei zuletzt geforderten sofortigen Rücktritts und eines Übergangsanführers entschieden.
In den vergangenen Wochen war Trudeau, der elf Jahre Parteivorsitzender war und seit neun Jahren Ministerpräsident ist, immer mehr unter Druck geraten. Vor der Weihnachtspause hatten etwa zwei Dutzend Abgeordnete seiner eigenen Partei seinen Rücktritt gefordert. Umfragen sagen dieser Tage eine klare Niederlage der Liberalen gegen die Konservative Partei in der Parlamentswahl voraus, die regulär im Oktober stattfände.
Die Kritik an Trudeau war gewachsen, nachdem Mitte Dezember seine Finanzministerin und enge Vertraute Chrystia Freeland im Streit über den Umgang mit den von Donald Trump angedrohten Zöllen zurückgetreten war. Anschließend kündigte die linke Neue Demokratische Partei, die Trudeaus Minderheitsregierung toleriert, ihre Unterstützung auf. Die Opposition forderte kollektiv Trudeaus Rücktritt. Trudeau bekräftigte am Montag, dass er sich einen Verbleib von Freeland in der Regierung gewünscht hätte. Leider habe sie sich anders entschieden.
Trump, der in zwei Wochen ins Präsidentenamt in den Vereinigten Staaten eingeführt wird, hatte Kanada mit Zöllen von 25 Prozent gedroht, sollte das Land die Lage an der Grenze zu den Vereinigten Staaten nicht verbessern. Er bezeichnete Trudeau in den vergangenen Wochen mehrfach als „Gouverneur“ von Kanada und spottete, das Land wäre als 51. amerikanischer Bundesstaat doch besser aufgehoben.
Laut Medienberichten äußerte Trudeau gegenüber seiner Partei vor der Weihnachtspause, er denke über seine Zukunft nach. Über die Feiertage sollen potentielle Anwärter für den Posten des Parteivorsitzenden schon bei Abgeordneten vorgefühlt haben. Als eine mögliche Kandidatin gilt die jüngst als Finanzministerin zurückgetretene Freeland. Kanadische Medien berichten, viele Abgeordnete seien der Ansicht, Trudeau habe die Partei zu weit nach links gerückt und sei verantwortlich für deren Unbeliebtheit.
Als Trudeau, Sohn des früheren kanadischen Ministerpräsidenten Pierre Trudeau, 2015 zum ersten Mal gewählt wurde, galt er als Kandidat des Aufbruchs. Er versprach eine ambitionierte Klimapolitik, Steuersenkungen für die Mittelschicht und kündigte an, „Angst mit Hoffnung“ zu besiegen. Dieser Tage sind Themen wie die gestiegenen Kosten durch Inflation und Migration Grund für die Unzufriedenheit vieler Kanadier.