Regierung +++ Hälfte der Deutschen laut Umfrage enttäuscht –Pläne von Schwarz-Rot spalten die Bevölkerung +++ Liveticker

Jens Spahn bleibt bei seiner Haltung: Die Union müsse ihre Position gegenüber der AfD überdenken, statt sie mit Tricks auszugrenzen. Laut einer aktuellen Umfrage ist nahezu die Hälfte der Bevölkerung von dem Koalitionsergebnis enttäuscht. Alle Entwicklungen im Liveticker.

Die Verhandlungen sind abgeschlossen: Deutschland wird wohl eine schwarz-rote Regierung bekommen. Über den Inhalt des Koalitionsvertrages wird nun eifrig diskutiert. Anfang Mai soll der Bundestag CDU-Chef Friedrich Merz zum Kanzler wählen, zuvor müssen noch die SPD-Mitglieder entscheiden.

Alle Entwicklungen nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen im Liveticker:

01:12 Uhr – SPD-Linke im Bundestag fordert Klarheit zum Mindestlohn

Die parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion fordert laut einem Medienbericht vor der anlaufenden SPD-Mitgliederabstimmung über den Koalitionsvertrag rasch Klarheit über die Erhöhung des Mindestlohns. „Die SPD-Mitglieder haben angesichts des nun anstehenden Votums ein Recht darauf, zu wissen, ob sie sich auf die Verabredungen aus dem Vertrag verlassen können“, sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Tim Klüssendorf, dem „Stern“ laut einem Vorabbericht.

„Den Koalitionsvertrag in für uns zentralen Punkten, wie der Erhöhung des Mindestlohns, bereits wenige Tage nach der Veröffentlichung offen anzuzweifeln, hilft an dieser Stelle überhaupt nicht weiter beim so dringend notwendigen Vertrauensaufbau“, sagte Klüssendorf demnach weiterhin. Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte am Sonntag erklärt, es werde keinen gesetzlichen Automatismus für eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro geben. Dies sei im Koalitionsvertrag nicht so verabredet worden.

00:43 Uhr – Ministerpräsidentin Rehlinger: Mindestlohn wird auf 15 Euro steigen

Die Ministerpräsidentin des Saarlands, Anke Rehlinger, besteht laut einem Medienbericht auf einer Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro. „Im Koalitionsvertrag ist das Offenkundige festgehalten: Der Mindestlohn wird auf 15 Euro steigen, wenn die Mindestlohnkommission den gegebenen Maßstäben folgt“, sagte Rehlinger dem „Stern“ laut einem Vorabbericht. Der Mindestlohn solle bei 60 Prozent des Medianlohns liegen, das seien schon heute 15 Euro. „Es ist in Ordnung, dass Herrn Merz das nicht sehr wichtig ist, trotzdem wird der höhere Mindestlohn kommen“, sagte Rehlinger dem Vorabbericht zufolge. „Es soll keine neue gesetzliche Korrektur geben, aber alle Seiten der Mindestlohnkommission haben sicher ein Interesse, sich an die maßgeblichen Vorgaben zu halten, und das SPD-geführte Arbeitsministerium und auch die Gewerkschaften werden darauf achten.“

00:09 Uhr – Fast die Hälfte der Deutschen von schwarz-rotem Koalitionsvertrag enttäuscht

In einer aktuellen Umfrage hat sich nahezu die Hälfte der Deutschen mit Blick auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD enttäuscht gezeigt. Laut der am Montag veröffentlichten Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des „Stern“ spalten die Pläne von Schwarz-Rot die Bevölkerung: Demnach sind 45 Prozent der Bundesbürger „eher enttäuscht“ von dem Vertrag, 43 Prozent hingegen sind „eher zufrieden“. Zwölf Prozent haben sich noch keine Meinung gebildet.

Die Anhänger der neuen Koalitionsparteien, aber auch der Grünen, äußerten sich vorwiegend positiv – während die Wähler anderer Oppositionsparteien den Vertrag ablehnen. Demnach sind 69 Prozent der Wähler von CDU/CSU und 64 Prozent der SPD-Wähler angesichts der Vereinbarungen zufrieden – nur 24 Prozent der Unionsanhänger und 23 Prozent der SPD-Anhänger sehen diese kritisch.

Auch bei den Grünen-Wählern überwiegt Zustimmung, wenn auch knapp: Hier sehen 48 Prozent den Vertrag positiv, 46 Prozent sind unzufrieden. Unter den Wählern der Linken äußerten sich 58 Prozent enttäuscht, bei den AfD-Wählern lehnen sogar 84 Prozent den Koalitionsvertrag ab. Forsa stellte am 10. und 11. April 100 Menschen die Frage: „Nach allem, was Sie bisher vom zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarten Koalitionsvertrag gehört haben: Sind Sie im Großen und Ganzen damit eher zufrieden oder sind Sie eher enttäuscht?“

00:08 Uhr – Günther: Zurückweisungen nur bei Einvernehmen mit Nachbarländern

Die von Union und SPD geplanten Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen setzen nach den Worten des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) ein Einvernehmen mit den europäischen Nachbarländern voraus. „Es muss einen gemeinsamen Weg geben“, sagte Günther der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Montag).

Zurückweisungen an den Grenzen hätten bereits zu einer Verringerung der Zahlen geführt, sagte der CDU-Politiker. „Ich glaube, wenn man das sorgsam mit unseren europäischen Nachbarn abstimmt, wird man hierüber noch deutlich mehr erreichen.“ CDU-Chef Friedrich Merz werde diese Gespräche mit den Nachbarländern schnell führen. Günther kritisierte, viele Rückführungen scheiterten daran, „dass keine vernünftigen Abkommen geschlossen wurden“. Das sei in den vergangenen drei Jahren zu kurz gekommen. Die Verhandlungen zu Migrationsabkommen müssten „auf höherer Ebene“ erfolgen, „sonst funktionieren die Dinge nicht vernünftig“.

Sonntag, 13. April

23:59 Uhr – CDU-Chef bremst Erwartung auf schnelle Wirtschaftserholung

Friedrich Merz bremst die Erwartung, dass die deutsche Wirtschaft nach seinem Amtsantritt Anfang Mai sehr schnell aus der Talsohle kommt. Merz kündigte am Sonntagabend in der ARD schnelle Reformen zugunsten der Entlastung der Wirtschaft an. Aber es werde jetzt „keinen schnellen Gewinn geben“, fügte er hinzu. Bevor es zu einer durchgreifenden Wirkung komme, „kann (das) auch über das Jahr 2025 hinausreichen“. Als schnelle Maßnahmen kündigte der CDU-Vorsitzende unter anderem die im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbarte Senkung der Energiepreise sowie hohe Sonderabschreibungen auf Investitionen von 30 Prozent pro Jahr an. Die neue Regierung wolle erreichen, dass sich bis Sommer die Stimmung grundlegend geändert habe.

Bis 2027 könne das Potenzialwachstum der Wirtschaft von 0,4 auf zwei Prozent steigen, sagte Merz. Bis Ende 2027 müsse die schwarz-rote Regierung alle wichtigen Reformen verabschiedet haben.23:49 Uhr – Merz will Asylbewerberzahl unter 100.000 drückenCDU-Chef Friedrich Merz will die Zahl der neuen Asylbewerber in Deutschland unter 100.000 im Jahr drücken. „Unsere Vorstellung ist die, dass wir diese Zahlen jetzt wirklich deutlich reduzieren“, sagte der CDU-Vorsitzende in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. „Das darf auch keine sechsstellige Zahl mehr sein. Die Überforderung der Städte, der Gemeinden, der Schulen, der Krankenhäuser, unserer Infrastruktur ist erreicht.“

Deswegen werde die neue Regierung auch wie im Koalitionsvertrag eine Rückführungsoffensive und den Familiennachzug aussetzen. Merz bekräftigte auch sein Ziel, die Zurückweisung von Asylbewerbern an den Grenzen durchzusetzen. „Das wird passieren“, sagte er. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Abstimmung mit den Nachbarländern laufe bereits. Er rechne da mit Kooperationsbereitschaft. „Ich gehe davon aus, dass die österreichische Regierung genauso daran interessiert ist, das Problem zu lösen, wie wir.“ Im vergangenen Jahr hatten 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Das waren rund 100.000 Asylerstanträge weniger als im Jahr zuvor.

23:36 Uhr – CDU-Chef will vor Sommerferien zu Trump reisen und über China reden

Friedrich Merz will vor Ende Juli zu seinem Antrittsbesuch als neuer Kanzler in die USA reisen. „Ich werde versuchen, noch vor den Sommerferien zu einem Besuch in Washington zu sein“, sagte der designierte Kanzler am Sonntagabend in der ARD. Mit US-Präsident Donald Trump werde er sich „natürlich mit Smalltalk“ austauschen, dann werde man nach gemeinsamen Interessen suchen. Als Themen des Gesprächs nannte Merz unter anderem die Ukraine, China und die Zollpolitik. Auch Trump könne „eigentlich keine Freude“ daran haben, was der russische Präsident Wladimir Putin mit den derzeitigen Angriffen auf die Ukraine tue. Im Gegenteil passiere das Gegenteil dessen, was Trump habe erreichen wollen. Man müsse nach einer gemeinsamen strategischen Vorgehensweise suchen.

Er wolle dann mit Trump auch über China, die Lage um Taiwan sowie die Zollpolitik gegenüber China reden. „Ich glaube, am Ende des Tages gibt es mehr gemeinsame Interessen als gegenläufige Interessen.“ Merz wollte nicht sagen, ob er mit Trump Golf spielen werde und wie hoch sein eigenes Handicap beim Golf sei.

22:06 Uhr – Merz zu Steuererhöhungen: Man soll nie „nie“ sagen

Auf die Frage, ob es unter seiner Kanzlerschaft niemals Steuererhöhungen geben werden, sagt CDU-Chef Friedrich Merz in der ARD: „Man soll nie ‚nie‘ sagen.“ Merz fügt hinzu, dass er in den jetzt abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen mit der SPD aber klargemacht habe, dass er keinen Koalitionsvertrag mit Steuererhöhungen unterzeichnen werde. Der CDU-Chef verweist darauf, dass es schwer sei, etwas über zukünftige Entwicklungen vorherzusagen. „Ich denke, wir werden die Krise als das neue Normale erleben.“

20:29 Uhr – Spahn legt in AfD-Debatte nach: „Glaube nicht, dass Geschäftsordnungstricks uns helfen“

Unions-Fraktionsvize Jens Spahn bleibt bei seiner Position in der Debatte zum Umgang der Union mit der AfD. „Ich bin sehr für die harte Auseinandersetzung in der Sache, für die harte Auseinandersetzung im Umgang“, sagte Spahn im ZDF. „Ich glaube nur nicht, dass Geschäftsordnungstricks … uns am Ende helfen“, mahnte er. Die AfD könne sich dann in eine „Opferrolle“ hineinbegeben. Die AfD-Umfragewerte könne man am besten schrumpfen, wenn man für eine „harte Auseinandersetzung und eine bessere Politik“ und etwas schnelle Reformen in der Migrationspolitik sorge.

Spahn hatte am Samstag in der „Bild“ gesagt, dass er empfehle, mit der AfD bei Verfahren und Abläufen im Bundestag so umzugehen wie mit den anderen Oppositionsparteien Grüne und Linke. Die Politik müsse anerkennen, wie viele Millionen Deutsche die AfD gewählt hätten.

dpa/AFP/rtr/saha