
Grünenpolitiker Winfried Kretschmann hat Nationalismus als „das gefährlichste politische Gift der Moderne“ bezeichnet. Im Interview mit der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten sagte der baden-württembergische Ministerpräsident, Nationalismus sei einer der Gründe für die derzeitige Unzufriedenheit in Teilen der Gesellschaft. Rechtspopulisten würden aus jeder sozialen Frage eine Zugehörigkeitsfrage machen, anstatt einer Verteilungsfrage. Dann heiße es nicht mehr „die da oben“, sondern „die da draußen“, sagte Kretschmann.
Weiter warnte der scheidende Ministerpräsident vor antidemokratischen Tendenzen, die weltweit zunehmen würden. „Darüber bin ich nicht nur alarmiert, ich bin verstört.“ Er könne sich diesen Prozess nicht erklären. „Wenn wir die Ursachen kennen würden, hätten wir eine Gegenstrategie. In ihrer Gesamtheit kennen wir die offenkundig nicht“, sagte der 77-Jährige.
Kretschmann sieht Überregulierung in Deutschland
Als weitere Erklärung für Unzufriedenheit in der Gesellschaft nannte Kretschmann, dass der Staat nicht mehr wie gewünscht funktioniere. „Wir sind überreguliert“, was jetzt in der „schweren Wirtschaftskrise“ voll durchschlage. Kreativität und Freiheit würden dadurch eingeschränkt. Die Länder hätten zusammen mit dem Bund sehr einschneidende
Vereinfachungsvorschläge gemacht. „Da gab es allerdings erheblichen
Widerstand Einzelner im Bund“, sagte er.
Kretschmann regiert seit 2011 in Baden-Württemberg, bei der Landtagswahl im März 2026 tritt er nicht mehr an. Grüner Spitzenkandidat bei den Wahlen ist der ehemalige Bundesminister und Parteivorsitzende Cem Özdemir.
